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“Wir könnten noch in’s Open Air Kino gehen! Oder auf den Christopher’s Street Day!” sagte ich zu Felix, der gerade sein Handtuch neben mir zurechtlegte, um sich zu mir zu gesellen. “Du bist ganz schön begeistert von dieser Zeitschrift, was?” witzelte er ein bisschen spöttisch. Und ich lachte mit ihm, weil er irgendwie recht hatte. Als ich mich an diesem Tag auf den Weg zur Isar machte, so ganz ohne Smartphone, saß ich erstmal total gelangweilt in der U-Bahn, weil ich echt nicht wusste, wie ich mich die die Fahrt lang beschäftigen sollte. Bis mir einfiel, dass ich 20 Jahre meines Lebens kein mobiles Internet hatte und ich doch damals auch nie vor Langeweile gestorben bin. Also krallte ich mir diese Zeitschrift auf dem Platz neben mir und verpasste letztendlich fast meine Station. Es war nur irgendein Magazin mit Events in München, aber ich war trotzdem total überrascht, was meine Stadt an diesem Tag denn alles zu bieten hatte.

Felix ist einer der wenigen Leute in meinem Umfeld, der noch nie ein Smartphone besessen hat. Er sagt, er brauche das nicht, wozu auch. Lieber Leute Fragen als googeln, lieber Anrufen als Chatten. Er ist nie auf diesen Zug aufgesprungen und vermisst es deshalb auch nicht. Als ich ihm an diesem Tag erzählte, dass ich mein Smartphone geschrottet habe und mir in diesem Zuge gleich mal eine zweiwöchige Auszeit gönnen will, riss er erstaunt die Augenbrauen hoch. Angela ohne Smartphone, dass es so was mal gibt. Und dann auch noch freiwillig.
“Bin gespannt, wie es dir dabei geht”, sagte er.

Die ersten Tage, über’s Wochenende bis Mittwoch, an denen ich entweder mit Freunden unterwegs war oder Daheim beim Arbeiten saß, merkte ich kaum einen Unterscheid. Daheim hatte ich Facebook um mich zu connecten, Instagram lief über mein Tablet und war ich doch mal außer Haus, empfand ich das nicht-online-erreichbar-sein eher als entspannend.
Ab Mittwoch allerdings, als ich mich um meine Uni-Abgabe kümmern musste, wurde die Sache komplizierter. Ich bekam Mittags plötzlich eine wütende E-Mail von meinem Dozenten, warum ich ihn denn so lange hab warten lassen und die Abgabe verpasst hätte. Ich schreibe mir all meine Termine normalerweise in meinen Handy-Kalender, damit ich auch wirklich drei mal mit Tonsignal daran erinnert werde. Ich bin so schrecklich vergesslich. Und an diese Wichtige Abgabe hatte ich einfach nicht gedacht (Gott sei Dank konnte ich meinen Dozenten noch erreichen und durfte einen Tag später abgeben).
Als ich Donnerstag Morgen dann das Haus verließ um meine Bilder für die Abgabe zu drucken viel mir ein, dass ich mir die Adresse vom Druckcenter nicht rausgesucht hatte. Normalerweise google ich sowas auf dem Weg, such mir eine Verbindung raus und laufe dann nach google Maps dort hin, wo ich hinmöchte. Ich habe wohl tatsächlich verlernt, mich in dieser Welt ohne Smartphone zurechtzufinden – eine traurige Feststellung. Also tat ich etwas, was ich bestimmt seit fünf Jahren nicht mehr tun “musste”: Ich fragte nach dem Weg. Und siehe da, ich war schneller am Ziel als ich erwartet hätte, ohne währenddessen auf mein Handy zu starren und von Fahrradfahrern überfahren zu werden. Gerade in Situationen, in denen man nur nicht weiß, ob man nach Links oder Rechts muss, ist das Problem mit einfachem Fragen viel schneller erledigt, als Maps zu öffnen, den Zielort einzugeben und womöglich noch das Handy wirr im Kreis rumwedeln zu müssen, damit es weiß, in welche Richtung man gerade guckt. Ich nahm mir vor, in Zukunft wieder öfter nach dem Weg zu fragen.

Mein Langeweile-Problem in öffentlichen Verkehrsmitteln hatte ich übrigens auch schnell wieder im Griff. Ich beschwere mich immer, dass ich viel zu wenig Zeit habe für gute Bücher, dank smartphonefreier Zeit nahm ich mal wieder mein Kindle mit, wenn ich unterwegs war. Das Einzige, was ich wirklich kläglich vermisste diese zwei Wochen, waren Musik und die Möglichkeit, mal schnell etwas zu fotografieren. Ich brauche meine Musik, um besser durch den Tag zu kommen und extra einen Mp3-Player kaufen kam auch nicht in Frage. Und vor allem am Eibsee, als ich umringt war von wunderbaren Fotomotiven, musste ich ständig meine Freunde anhauen, um mal eben ein Foto schiessen zu können – was man mir dann später per E-Mail schicken musste.

Ein paar Tage bevor mein neues Telefon mich erreichen sollte schrieb ich mir eine Art Smartphone-Pro-und-Contra-Liste mit Dingen, die ich in den zwei Wochen vermisst hatte und Jenen, die mir gar nicht abgingen:

Was ich vermisste: Musik hören, Fotografieren, an Termine erinnert werden und die MVV-App.
Was ich nicht vermisste: Facebook, Messenger und Whatsapp.

Ich kam also zu dem Schluss, dass ich fast alles, was mit mobilem Internet zutun hatte, eigentlich nicht mehr möchte. Weder für Musik, Termine oder Fotos schiessen brauche ich 3G. Als mein neues Telefon dann bei mir ankam fühlte es sich das Auspacken fast schon seltsam an. Normalerweise war ich immer total aufgeregt, wenn ich ein tolles, neues Gerät bekam – diesmal fühlte es sich an, als käme ich zurück aus einem wunderschönen Entspannungsurlaub. Ich entschloss mich dazu, nur noch die wichtigsten Apps zu installieren. Kein Facebook, keinen Messenger und erstrecht kein Whatsapp.

Ein paar Tage später hatte ich mich wieder etwas an mein Iphone gewöhnt, aber trotzdem meine Leichtigkeit behalten. Ich war leider gezwungen, ein letztes Mal Whatsapp zu installieren um meinen Account zu löschen – damit ich aus allen Gruppen entfernt werde und man mich nicht mehr finden kann – aber als die hundert ungelesenen Nachrichten aufpoppten, öffnete ich keine Einzige. Ich hatte bereits überall kommuniziert, das sich in Zukunft nur noch per Telefon oder SMS erreichbar sein würde.

Ich habe das Gefühl, durch die zwei Wochen einen neuen, besseren Umgang mit meinem Handy gelernt zu haben. Wenn ich außer Haus bin schalte ich mein mobiles Internet nur an, wenn ich es wirklich brauche. Ich lade immer noch gerne sofort ein Bild auf Instagram wenn ich es schieße und meine MVV-App nach einer Verbindung zu fragen geht um einiges schneller, als mich durch verwirrende Bahn-Pläne zu forsten.

Das Schönste aber ist, dass es sogar meinem engsten Umfeld auffällt, wie viel gelassener ich bin. Wie viel mehr Aufmerksamkeit ich meinem Gegenüber entgegenbringe, weil ich nicht mehr ständig von meinem Handy abgelenkt werde. Nicht unbedingt jeder ist glücklich darüber, dass ich weder Whatsapp noch den Messenger wieder installiert habe habe (wie verrückt ist es, dass man sich in der heutigen Zeit rechtfertigen muss, wenn man eine bestimmte App nicht installieren will?), aber auch die haben sich mittlerweile daran gewöhnt.

Gerade zum Thema Whatsapp und Messenger habe ich noch einiges zu sagen, weshalb es bald noch einen dritten Teil zu meinem Smartphone-Detox geben wird. Jetzt bin ich erstmal gespannt, was ihr dazu zu sagen habt. Stehe ich mit meinen Gedanken vielleicht doch alleine da, bin ich einfach ein hoffnungsloser Extremfall? Bist du jemand, der sich von seinem Handy gar nicht stressen lässt? Erzählt’s mir!

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