Vor einigen Tagen erhielt ich eine interessante Kooperationsanfrage. Eigentlich klang es einfach nach einer netten Aktion: Zum DVD-Release der neuen Serie „Supergirl“ darf ich euch eine persönliche Geschichte erzählen, in der ich mich als #Alltagsheldin entpuppe. Geschichten erzählen, das kann ich gut!
Natürlich wollte ich mich von einer Serie, die ich bewerben soll, selbst überzeugen. Also recherchierte ich im Netz nach Kritiken und setzte mich tatsächlich mal wieder hin, um eine Serie zu gucken.

Ich bin ganz ehrlich mit euch: Ich hatte etwas Muffensausen, ob ich der Kooperation vielleicht zu früh zugesagt hatte. Es ging hier immerhin um die erste SuperheldINNEN-Serie. Ich hatte also große Erwartungen – und gleichzeitig Angst, dass hier wieder nur ein Frauenbild vermittelt wird, welches ich so gar nicht vertreten kann.



Was das Feminismus-Thema angeht habe ich mich seit “Still not asking for it” bewusst zurückgehalten. Ich hatte das Gefühl, das Thema sein zu groß für mich, zu schwer für mein schwaches Gemüt. Und: Anti-Feministische Stimmen sind manchmal so laut und unter der Gürtellinie, so abwehrend und hirnlos, dass sie in mir eine Ohnmacht auslösen. Wie kann es noch Frauen auf dieser Welt geben, die sich bewusst gegen Feminismus aussprechen? Wie kann man sich gegen ein so wichtiges Thema in der heutigen Zeit noch wehren?

Ich konnte meine Stimme bis heute nicht nutzen, weil ich sie noch nicht gefunden hatte. Wenn du über Feminismus sprichst, musst du den absolut richtigen Ton treffen – einen Ton, der hörbar ist für die nicht-Feministen und die erfahrenen Femininsten. Treffe ich den falschen Ton, werde ich gleich von beiden zerfleischt. Den einen ist es zu viel, den anderen zu wenig. Von den nicht-Feministen erntest du verdrehte Augen und verlierst sie nach der ersten Note, die erfahrenen Femininsten drehen jedes Wort drei mal um.

Ich habe gegen beide nichts. Ich will beide erreichen, und das ist unfassbar kompliziert. Drehe ich mich den einen zu, empfindet die andere Seite es, als würde ich ihnen den Rücken zudrehen. Ich versuche also, zwischen beiden zu stehen. Ich möchte mich eigentlich keinem Zudrehen müssen, sondern eigentlich nur zeigen, dass wir doch alle in die gleiche Richtung blicken. Dann dreht auch niemand irgendwem den Rücken zu.

Solange es aber Menschen gibt, die Feminismus falsch verstehen, muss und will ich mich eben diesen zuwenden. Und zwar sachte, ohne gleich die Knarre an den Kopf zu halten. Wenn ich eines in meinem Leben gelernt habe – und diese Aussage kann man auch perfekt auf das Veganer-Thema übertragen – dann: Solange du deinem Gegenüber kein ehrliches Verständnis entgegenbringst, hört er dir nicht zu. Die Gegenseite mit Steinen zu beschmeissen hat noch niemals irgendetwas bewirkt. Willst du etwas in den Köpfen der Menschen ändern, musst du sie erst verstehen. Wenn mir also jemand sagt, er fände Feminismus scheisse, sage ich nicht: “Bist du bescheuert?” Denn was würde so ein (Gegen)angriff bewirken? Da steht jemand und sagt, er fände Feminismus scheisse – und du als Feminist BIST dann im gleichen Zuge scheisse zu ihm? Damit bewirkt man kein Umdenken, damit macht man es nur schlimmer. Der einzige richtige Weg wäre, zu versuchen, seinen Gegenüber zu verstehen. Erst dann wird er dir zuhören.

Ich hoffe, ich finde den richtigen Ton, damit ihr mir alle zuhört.

“Supergirl is a feminist”

Bereits bevor ich die Serie begann, recherchierte ich etwas im Netz darüber, wie Presse und Feministen die Show aufnehmen. Was ich las war entweder schwarz oder weiß. Die einen lobten die feministischen Ansätze, die anderen machten die Show nieder, weil sie im Kern doch total anti-feministisch sei.

Eine kurze Zusammenfassung: Kara ist Supermans Cousine. Ihre Aufgabe war es eigentlich, auf Superman Acht zu geben – leider aber „verflog“ sie sich auf dem Weg zur Erde etwas und kam erst 24 Jahre später hier an. Superman hatte es auch ohne sie ganz gut hinbekommen. Sie beschließt, dass ein Superheld auf Erden genug sei und entscheidet sich für ein Leben unter den Normalos. Ähnlich wie Clark Kent arbeitet sie bei einer Zeitung, als schüchterne, graue Maus. Ihre Schwester ist ihre beste Freundin, ihre Chefin leider eine fürchterliche Furie und mit den Männern will es auch nicht so klappen.
Als ihre Schwester aber droht bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, nutzt sie ihre Kräfte und rettet somit allen Insassen das Leben. Natürlich wird sie dabei gesehen, und natürlich spürt sie, dass Leben retten und das Böse bekämpfen vielleicht doch ihre wahre Bestimmung sein soll.

Anfangs klang das für mich alles sehr oberflächlich und nicht wirklich neu. Aber die Serie hat viel mehr Potenzial, Charm und und vor allem Tiefe als zunächst gedacht:

Als es um die Auswahl ihres Supergirl-Kostümes geht lehnt Kara den Sexy-Look bewusst ab und entscheidet sich lieber für eine „bekleidetere“ Variante.


Als sie bei einem Interview gefragt wird, ob sie denn an Familienplanung denkt, antwortet sie: „Superman werden solche Fragen auch nicht gestellt!“

Und auch die erst als Karrierezicke dargestellte Chefin Cat Grant bringt Kara nicht nur einmal etwas über Feminismus bei: Cat verleiht „Supergirl“ ihren Titel, was Kara zunächst nicht gefällt, denn wenn es einen SuperMAN gibt, solle es auch eine SuperWOMAN geben:

„Wenn wir sie ‚Supergirl‘ nennen, dann verniedlichen wir sie! Und machen wir uns nicht damit zu Komplizinnen des Anti-Feminismus?“

Worauf Cat antwortet: „Was finden sie so schlimm an der Bezeichnung ‚Girl’? Ich bin auch ein ‘Girl‘. Und Ihre Chefin, mächtig, reich, sexy und clever. Wenn Supergirl für Sie also lediglich nach Niedlichkeit klingt, liegt das Problem dann nicht bei… Ihnen?“

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Supergirl ist Bechdl-Approved

Wusstet ihr, dass dieses Jahr 32% der erfolgreichsten Filme den Bechdl-Test nicht bestanden haben? Der Bechdl Test wertet eigentlich nur aus, ob in einem Film eigenständige weibliche Persönlichkeiten vorkommen. Er untersucht Filme nach drei simplen Fragen:

  • Gibt es mindestens zwei Frauenrollen?
  • Sprechen sie miteinander?
  • Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann?

Der Bechdl-Test gilt als bestanden, wenn nur eine einzige Szene im Film diese drei Kriterien erfüllen. Man möchte glauben, das sei nicht viel verlangt. „Supergirl“ besteht diesen Test nach nur wenigen Minuten – und das in jeder Folge.

Wieso aber gibt es dann Gegenstimmen?

Weil Supergirl nicht allen “genug” ist. Supergirl bedient sich einem Ton, einer Stimme, die meiner ähnelt. Supergirl ist vorsichtig und wendet sich auch denen zu, die von Feminismus vielleicht noch nicht so viel verstehen – zum Beispiel Mädchen um die zwanzig. Supergirl ist für Feminist-beginners. Und obwohl ich es selbst nicht (mehr) bin, erkenne ich sehr wohl, wie wichtig eine solche Serie ist.

Dadurch, dass Kara selbst erst zwanzig ist, Männerprobleme sehr wohl zu ihrem Leben dazugehören und sie noch nicht die perfekt emanzipierte, unabhängige, selbstbewusste Frau ist, macht sie sich greifbarer für die Masse. Sie selbst stellt vielleicht nicht zu 100% das vom Feminismus gewünschte Frauenbild dar – aber NUR DADURCH ist sie für genau DIE Frauen und Mädchen interessant, die hinhören MÜSSEN. Eine bekennende Feministin muss sich nicht zu 100% mit Kara identifizieren können, sie hat es doch bereits verstanden. Wichtig sind die, die Feminismus falsch verstehen. Wichtig sind die, die sich noch nie mit dem Thema auseinandersetzen mussten. Und für all die brauchen wir eben solche leichte Kost, die zusätzlich noch unterhält.

Supergirl ist ein Schritt nach vorne

Supergirl hat eine schwere Last zu tragen: Sie ist die erste weibliche Superhelden-Show. Natürlich sind die feministischen Erwartungen viel zu hoch. Eine einzige Show allein kann nicht etwas für jedermann sein – und genau deshalb brauchen wir mehr solcher Serien und Filme, um mit verschiedenen weiblichen Charakteren eine größere Masse an Frauen anzusprechen.

Vielleicht ist die Serie kein Marathonlauf, vielleicht führt sie diese Welt und all ihre Zuschauer nicht an das „ultimative Ziel der Gleichberechtigung“ – aber sie ist ein Zeichen dafür, dass sich unsere Welt weiterentwickelt. Sie ist definitiv ein Schritt nach vorne, niemals zurück. Kein Problem dieser Erde wurde von heute auf morgen gelöst. Bis eine so wichtige Sache in den Köpfen aller Menschen ankommt, braucht es Zeit, sehr viel Zeit.

Und warum bin ich nun eine #Alltagsheldin? Weil es Sonntag ist und ich Texte schreibe wie diese. Weil ich mich immer mehr traue, meine Stimme im Netz zu nutzen. Weil ihr mich als Leser zu einer Alltagsheldin gemacht habt. Danke! <3

*Supergirl gibt es ab jetzt auf Dvd zu kaufen!


*In Zusammenarbeit mit Warner Bros. Danke!