Es ist Sonntag Abend. Ich weiß das, weil die Sonne schon vor Stunden untergegangen ist. Es war so ein schöner Tag, glaube ich, die Sonne hat die ganze Zeit über geschienen, glaube ich. Und wir liegen immer noch in meinem Bett, verlassen haben wir es nur, um nervigen menschlichen Bedürfnissen nachzugehen. Aber sogar das essen haben wir uns liefern lassen, um uns so wenig wie möglich mit andern Dingen beschäftigen zu müssen, als uns selbst.

Ich kenne das so nicht. Ich tu mir so schwer, mich auf eine einzige Sache zu konzentrieren. Mich komplett auf etwas einzulassen. Ich weiß nichtmal mehr, wann ich das letzte mal eine Serienfolge angesehen habe – so richtig angesehen meine ich, ohne etwas nebenbei zutun. Ich denke immer, es sei Zeitverschwendung, nicht nebenher noch irgend etwas anderes zu erledigen. Eigentlich ist es egal, was ich tue, ich schweife Gedanklich schnell vom Wesentlichen ab, fliege dann so verloren umher und weiß manchmal gar nicht mehr, was das Wesentliche eigentlich war. Wenn’s mich nicht absolut packt bin ich raus.

Mit dir kann ich das irgendwie plötzlich, ohne mich anstrengen zu müssen. Dann bist da nur du, kein Laptop, kein Handy, keine Zeit. Kein Zeitgefühl. Irgendwann hatten wir die Idee, wir könnten ja mal einen Film zusammen gucken. Er lief zehn Minuten, glaube ich. Es geht einfach nicht. Du und wir, das ist viel interessanter, da gibt es immer noch so viel zu erzählen und immer noch so viel zu erforschen. Und wenn wir mal nicht reden, können wir uns in den Blicken des anderen so verlieren, als würde wir in eine Parallelwelt eintauchen.

Wenn man sich neu kennenlernt, dann tut man sich so schwer, langen Blicken standzuhalten. Dann ist es noch viel zu aufregend. Es passiert so viel, fast zu viel. Am Anfang ist alles noch so unsicher, und man möchte nicht gelesen werden und man möchte noch nicht lesen. Jemandem endlos in die Augen sehen zu können bedeutet absolutes Vertrauen, weil ich das Gefühl habe, ich würde in solchen Momenten viel mehr von mir Preis geben, als wenn ich nur erzählen würde.

Jetzt kann ich es. Ich kann dich ansehen, ununterbrochen, dich mich lesen lassen und dich lesen. Dir in die Augen zu sehen ist spannender als alles, was ich jemals zuvor gesehen habe. Es ist berauschender als alles, was ich jemals erlebt habe.

Wenn wir den Sonntag zusammen haben, keiner arbeiten muss und kein Ende in Sicht ist, kann ich abschalten. Dann schaffe ich es, mich ohne Anstrengung auf nur eine einzige Sache zu konzentrieren. Mein Kopf ist gleichzeitig leer und gleichzeitig so voll, aber nur mit dir. Mit nichts anderem.