“Ich weiß einfach nicht.. ich weiß nicht.. ich weiß nicht was ich sagen soll.”
Mein Atmen lässt mich schon wieder im Stich. Ich habe das Gefühl, ich könnte nicht genug Luft in mich einsaugen, wie all diese Gefühle gerade benötigen. Oder liegt es daran, dass mein ganzer Körper gerade zusammengedrückt wird?
“Ich will irgend etwas sagen, mann!”, fluche ich, und aus dir kommt nur ein tiefes seufzen. Weil du auch nicht weißt, was du auf meine nichtssagende Aussage sagen sollst.

Sagen. Reden. Worte. Wo sind sie alle, wenn man sie braucht? Ist das schöne an der deutschen Sprache nicht, dass man jedes Gefühl gesondert beschreiben kann? Dass man alles so schön ausschmücken kann? Im deutschen gibt es nicht nur ein Wort für vieles, sondern viele Wörter für Eines. Ich bin jemand, der seine Gefühle wahnsinnig gut in Worte fassen kann, solange ich sie aufschreiben kann. Und jetzt liege ich hier und bin so verzweifelt darüber, dass ich mich einfach nicht ausdrücken kann. Weil kein Adjektiv, kein Nomen, kein Verb dem gerecht wird, was in mir vorgeht, was hier zwischen zwei Universen vor sich geht. Mir scheint es gerade so, als gäbe es irgendwo einen versteckten Duden mit Abermillionen an Wörtern für Gefühle, die wir nicht kennen, weil sie außerhalb unseres Bewusstseins liegen. Wir können sie uns nicht vorstellen, genau so wenig, wie wir uns Unendlichkeit vorstellen können. Dafür ist unser Horizont zu klein. Und gerade stehe ich an genau diesem Horizont und versuche verzweifelt dahinter zu blicken, weil nichts von dem, was ich sagen könnte, dem gerecht wird, was in mir vor sich geht. Ich brauche mehr Worte! Viel mehr Worte! Und es macht mich so verrückt, dass es nicht funktioniert. Ich werde wirklich und ehrlich verrückt davon. Ich stehe wie eine Irre vor diesem Horizont und blicke in unendliche Weiten, da ist so viel und doch nichts. Ich weiß, dass da etwas ist, aber ich sehe es nicht, weil mein Gehirn verdammt noch mal nur menschlich ist. Ein winzig kleines, menschliches Gehirn. Und gerade hab ich es doch tatsächlich hinbekommen, mit dreihundertfünfzig Worten zu sagen, dass ich einfach keine Worte habe. Paradox.

“Kannst du dir vorstellen, dass irgendjemand auf dieser Welt, dass irgendwelche zwei Menschen exakt das erleben, was wir gerade erleben? Ich meine, dass kann doch nicht sein, oder? Jeder Mensch ist anders, ich fühle doch anders als jeder andere Mensch dieser Welt. Und du doch auch. Und dann spielt das hier so zusammen. Das hier kann es doch nicht noch einmal geben, oder? Das wäre doch einfach nicht logisch?” Was rede ich da? Ich verstehe mich langsam selbst nicht mehr. Ich halte einen Kopf in meinen Händen und sehe in zwei Augen, die mir sagen, dass sie mich verstehen. Nur aus dem Mund kommen keine Worte. Weil keine da sind.

Stunden später sind wir immer noch hier. Weil wir nur hier verstanden werden. Und als ich einen Blick kurz mal wieder nicht deuten kann, frage ich doch, was los sei, in der Hoffnung, du hättest den Horizont vielleicht überschritten.

“Ich schau’ dich an”, sagst du.

Und ich verstehe.