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Wir sitzen im Auto auf dem Weg zum neuen Rheinboulevard in Köln-Deutz. Ich habe gerade eine fünfstündige Zugfahrt hinter mir, bin um 4 aufgestanden und ein bisschen gerädert von zu wenig Schlaf und ständiger Aufregung. Ich habe erst ein mal mit einem Filmteam gedreht und bin daher noch ein Küken, was Fernsehauftritte angeht, aber Redakteurin Franziska hat mir bereits im Vornherein meine Angst durch ihre nette, verständliche Art genommen. Ich kann eigentlich nichts falsch machen, denn das, was ich zu sagen habe, ist gut und richtig.

Im Auto erzählt Franziska unserem zweiköpfigen, männlichen Filmteam, um was es in dieser Sendung bei FrauTV geht. Um “victim blaming”, meinen Blogpost und mich als Protagonistin. Sie erzählt vom Vergewaltigungsparagraph, der besagt, dass es sich immer nur um eine Vergewaltigung handelt, wenn sich das Opfer körperlich gewehrt hat. Ein “Nein” reicht nicht aus, um die Straftat als Vergewaltigung zu ahnden. Die beiden Jungs vorne im Auto reagieren wie ich, als ich es das erste mal hörte. Wie kann das sein? Und wieder frage ich mich, wie oft sich jemand wohl aus purer Todesangst nicht gegen den Angreifer gewehrt hat. Oder wie oft eine Erpressung dahinter steckte.

Das Wetter meint es – wie so oft in diesem Herbst – mehr als nur gut mit uns. Keine Wolke am Himmel, den Mantel brauche ich gar nicht. Wir drehen ein paar Zwischenszenen. Ich schreibe etwas in meinen Kalender, stelle mich an verschiedene Stellen der Treppe für die Jumpcuts und lese einige Stellen aus meinem Blogpost vor. Meine Worte, die ich mir so genau überlegt habe, die so viel ausgelöst haben – in mir und in Anderen.

Als es ans Interview geht fühle ich mich schnell wieder wie ein kleines Mädchen, dass ihre Worte irgendwo zwischen Zweifel und Rheinufer verloren hat. Ich bin so sau schlecht im Reden, am liebsten würde ich weiterhin nur vorlesen. Aber jedes mal, wenn ich wieder dasitze und nichts sage, redet Franziska mir gut zu: “Wenn du keine Antwort weißt, stelle ich einfach die falschen Fragen”, sagt sie. Und als wir kurz Pause machen, sagt der Kameramann zu mir, wie toll er es fände, dass ich mir so viele Gedanken mache. Dass ich so viel weiter denke. Ich bin so froh darüber, dass hier zwei Männer mitwirken, die alles, was ich zu sagen habe, verstehen. Und offensichtlich auch schätzen. Keine Sekunde lang habe ich mich unwohl gefühlt, und gerade der männliche Zuspruch machte mir besonders Mut.

Heute Abend um 22 Uhr könnt ihr den Beitrag im WDR bei FrauTV sehen. Und falls das nicht klappt, ist der Beitrag auch danach noch online zu sehen. Ich bin jedenfalls mächtig aufgeregt und hoffe, dass dieses Thema nun noch ein paar weitere Wellen schlägt.

Ein paar der Fotos durfte ich übrigens mit nach Hause nehmen – sie stammen von der Fotografin Rory Bowell, an deren Bildsprache ich mich für mein Foto orientierte.

“#STLLNOTASKINGFORIT is designed to be a visual message that consent is required before any kind of sexual contact can occur and to help smash the idea that ANYONE is asking for sexual violence or harassment.”

Danke an das Team von FrauTV für die Möglichkeit und danke euch, dass ihr mir zuhört, mich versteht und irgendwie immer bei mir seid. <3