Ich fand gestern meine alten Briefbücher wieder. Bücher, die ich mit meinen besten Freundinnen aus der Schule schrieb, meistens heimlich im Unterricht und in den Pausen wurden sie fleißig ausgetauscht. Ich wollte eigentlich nur ein bisschen blättern, fand mich aber noch stunden später auf meinem Bett liegend, weinend vor lachen, bis ich das gesamte Buch von Tanja und mir durch hatte. Ich erfreute mich so sehr an meinem 13-Jährigen Ich und kann es kaum glauben, dass Tanja und ich nun schon seit zwöf Jahren miteinander befreundet sind. Ich wünschte, man hätte solche Bücher auch später noch fortgeführt, heute gibt es allemal alte Chat-Verläufe oder Whatsapp-Konversationen… die wohl irgendwann einfach verschwinden werden.

Besonders gern habe ich meine Zeilen zu meinem ersten Ausflug nach Berlin gelesen – ich saß mit dreizehn zum ersten Mal in einem Flugzeug und kann mich noch gut daran erinnern, wie Berlin damals auf mich wirkte. Ich habe es für euch abgetippt:

buch3

12.04.2003

Hi du!

Nun raaaate mal wo ich gerade bin. Nein, nicht in Berlin, nein, auch nicht in München. Ich bin iiirgendwo dazwischen! Ich fiege! Is’ voll das komische Gefühl. Es geht immer ein bisschen hoch und runter. Boah, wir sind so verdammt weit oben, end geil. Sogar die Wolken (unter uns!) sind voll weit weg. Aber wenn du nicht aus dem Fenster guckst, fühlt es sich an, als würde man stehen. Bist du denn schonmal geflogen? Also bei mir isses das erste mal, das einzige, was scheisse ist, man darf keine elektronischen Geräte anmachen, also ist auch der Discman tabu. Vorhin hat die Stewardess diese Sicherheitsanweisung gemacht und überall rumgezeigt, so wie in den Filmen immer. Also dann, ich schreib weiter wenn wir unten sind. Cu! (11.000m!)

Heute ist Montag. Boah mann, wir haben schon so viel gesehen. Also ich fang mal ganz von vorne an:
Am Samstag Abend sind wir indisch essen gegangen, auf dem Weg dort hin sind wir durch einen Park gelaufen. Du glaubst gar nicht, was für Leute hier rumlaufen! Es ist so was von cool, hier ist irgendwie alles viel lockerer. Nicht so angespannt wie in München, man kann das schlecht beschreiben. Auf jeden Fall ist da so ein Typ an uns vorbeigelaufen und er so: “Das Leben ist doch scheisse, Mädchen”. Naja, nicht gerade eine positive Einstellung zum Leben. Aber dann ging’s erst so richtig los: Als Lisa und ich fertig gegessen hatten sind wir ein bisschen draußen spazieren gegangen… und haben sowas von die Orientierung verloren! Wir wussten überhaupt nicht mehr, wo wir waren! In einer völlig fremden Stadt! Ich hatte mir schon die Zeitungsüberschriften ausgedacht: “Zwei Münchnerinnen in Berlin spurlos verschwunden”. Ich hatte echt schiss… aber dann, so nach einer Stunde, waren wir auf einmal wieder irgendwo wo wir uns auskannten.
So, das war also unser Samstag. Noch mal zum merken: Flug – Spaziergang – Inder.
Am Sonntag in der Früh gab’s erstmal lecker “Brötchen” (nicht Semmeln, das gibt’s in Berlin nicht), dann sind wir losgefahren zu den Babelsberger Filmstudios. Das ist so etwas wie die Bavaria Filmstudios, nur noch viiiiiiel größer und lustiger! Kennst du das Action-Kino? Das ist ein Kino in dem sich die Sitze bewegen und dir wird Wind ins Gesicht gepustet, als würdest du in einer Achterbahn sitzen. Wir sind da gleich zwei mal reingegangen. Danach sind wir noch ins “Daniel’s”, du weisst schon, dieses Lokal aus GZSZ was abgebrannt ist. Und es gab noch eine Rundfahrt durch das ganze Gelände, wir sind an den GZSZ-Studios vorbeigefahren und ins Atelier von der Serie “Klinikum Berlin Mitte” reingegangen. Da sah es wirklich aus wie in einem Krankenhaus, das haben sie echt gut hinbekommen! So, das war unser Sonntag.

Heute ist Montag. Heute haben wir auch so einiges gesehen! Zum Beispiel den Fernsehturm am Alexanderplatz. Kennst du diese Werbung? Da sind so zwei Typen in diesem Turm und der eine sagt zum Anderen: “Haben wir eigentlich eine Chance?” Und der andere: “Eigentlich…nicht.” Das ist so ‘ne Jules Mumm Werbung, die haben wir so nachgespielt da oben.
Danach sind wir noch zu gaaaaanz vielen anderen Sehenswürdigkeiten, z.B. dem Brandenburger Tor. Schön isses in Berlin, echt schön. Die Großen sind gerade ausgeflogen und Lisa und ich sind alleine. So, ich werd nun mal wieder aufhören… ich erzähle dann schon noch mehr!

HDGDL, Angela

13.04.2003

Das ist eine S-Bahn Karte aus Berlin. Die schaut irgendwie langweilig aus. BVG… also da klingt MVV doch besser. Was heißt eigentlich BVG? MVV heißt doch “Münchner Verkehrs Verbund”… aber BVG? Vielleicht “Berliner Verkehrsgemeinschaft oder Blöder verkackter Gammel? Ah, ich hab gefragt, es heißt “Berliner Verkehrs Gesellschaft”.

Uuuund das da ist der abgerissene Teil von meinem Flugticket. Da steht “MRS” neben meinem Namen, das heißt “Misses”. Und bei “Smoking” steht “XX”, das heißt ich bin Nichtraucher.

So, nun bin ich wieder in München. Bis Nachher!

 

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Findet ihr euch irgendwo wieder? Erinnert sich noch irgendjemand an die Jules Mumm Werbung, das “Daniel’s” oder an die guten alten Discmans? Mit meinen Briefbüchern von damals könnte ich ellenlange Blogposts füllen, aber ich habe Tanja gefragt, ob sie mal Lust hätte auf ein Video, in dem wir uns gegenseitig ein paar Passagen vorlesen. Ich freue mich schon darauf, mich durch all die anderen Bücher zu wälzen – das wird ab jetzt erstmal meine Abendlektüre. Tanja und ich mit 13. 

Ein bisschen was habe ich aber noch für euch. Konnte mich nicht zurückhalten, es ist teilweise einfach ZU gut. ;)

buch1

 

Tanja: “Früher habe ich immer gesagt: “Mama, ich will nie so wie die Großen werden, das versprech’ ich dir!” Aber was hab’ ich damals schon gewusst? Ich war dumm, naiv und leicht zu täuschen…”

 

buch2

 

Ich: “Weißt du, was ich manchmal denke? Das Skaten ist dem Wolfi wichtiger als ich. Weißt du, er hat mir noch nie direkt gesagt: “Du bist mir wichtiger als das Skaten!” Da passt ja dieser Beitrag ganz gut, was? ;)

 

buch5

 

Links: Der erste Rap-Song, den ich komplett auswendig konnte. 6 Meter 90 von Blumentopf. Und ich kann’s heute noch!

 

buch6

 

 

Ich: “Tanja, wenn du krampfhaft einen Freund suchst, findest du nie einen! Und das mit dem Daniel, der macht doch mit jeder rum, du brauchst jemanden GESCHEIDEN, jemanden treuen, für den du was besonderes bist, nicht irgend eine von seinen vielen Freundinnen. Ein Freund “passiert” einfach, man muss der Natur freien lauf lassen! Du darfst nicht gleich bei jedem so große Hoffnungen haben, es ist ein unterschied, ob du auf ihn stehst, oder ob du verliebt bist. Klar? Guad!”

Tanja: “Ahja, Miss Angelö meint also, ein Freund “passiert”? Ok, warum hat man mir das nicht schon früher gesagt? D.h. mit vielen Boys rummachen und irgendwann “passiert” es dann? Gut, na denn…”

Das hat sie falsch verstanden. Ganz falsch. ;)

 

Habt einen schönen Feiertag!