Es ist neun Uhr Morgens und ich ärgere mich ein bisschen, dass ich den Sonnenaufgang schon wieder verpasst habe. Unser viel zu schönes Hotelzimmer liegt im viel zu hohen 10. Stock und die viel zu verglaste Front geht Richtung Osten raus. Alles „viel zu“, weil es eigentlich viel zu schön ist. Ich erinnere mich, wie ich in der ersten Nacht kurz aufwachte, irgendetwas rosa-oranges am Rande des Vorhangs durchblitzte und ich mir kurz dachte: „Oh, wie schön, der Sonnenaufgang“. In der gleichen Sekunde bin ich wieder eingeschlafen. Nun ist es neun Uhr, am letzten Tag unseres Barcelona-Aufenthaltes und leider zu spät.
Alix schläft noch und ich versuche mir krampfhaft das Nase-hochziehen zu verkneifen um sie nicht zu wecken. Ich bin leider ein bisschen krank geworden, aber Gott sei Dank nicht so, dass es mir den Urlaub versaut hätte. In meinem vernebelt-verschlafenen Kopf schmiede ich mir einen Masterplan, wo ich jetzt am besten meinen Sonntagspost tippe, packe mein Zeug zusammen, kämme mir schnell durch die Haare und schleiche mich mit samt Laptop nach Draußen. Ich fahre runter in die Lobby, gieße mir einen Kaffe ein und fahre gleich wieder nach oben in den elften Stock.
Es ist kaum zu beschreiben, wie schön es hier gerade ist, in genau diesen Sekunden, in denen ich diese Zeilen tippe. Im 11. Stock des Hotels gibt es eine große 360 Grad Terrasse, ich sitze auf einem Stuhl in der Sonne und wenn ich nach links blicke, kann ich über ganz Barcelona hinweg sehen. Ich habe das Gefühl meine Gedanken könnten fliegen, als wäre es das leichteste der Welt, hier oben einfach mal alles zu vergessen. Aber momentan will ich das eigentlich gar nicht.
Es sind so schreckliche Dinge passiert in den letzten Tagen. Nicht für mich, bei mir war wie immer alles rosarot und federleicht, für so viele andere Menschen aber war die letzte Woche nicht nur grau, sondern tiefschwarz. Und ich wollte so gerne etwas darüber schreiben, eben weil ich mich gerade in dieser Stadt befinde. In dieser wunderschönen Stadt, die für so viele Menschen das letzte war, was sie sehen durfte. Aber irgendwie glaube ich nicht, dass ich die Richtige dafür bin. Es geht nämlich nicht um mich. Auch nicht um die Leute, die „letztes Jahr den gleichen Flug genommen haben“ und „ach so ein Glück“ hatten, auch nicht um diejenigen die auf Facebook verkünden müssen, dass sie wen kannten, der wen kannte, der wen kannte, der in der Maschine saß. Und auch nicht um die Bloggerin, die wirklich ganz dringend erwähnen muss, dass eine ihrer Leserinnen im Flugzeug saß. Es geht um keinen von uns, also macht es keinen Sinn, noch weiter darüber zu reden, als wären wir selbst betroffen. Es macht keinen Sinn, die Aufmerksamkeit krampfhaft auf sich selbst lenken zu wollen, wenn wir doch eigentlich auf Andere blicken sollten. Alles, was wir, die glücklichen nicht-betroffenen tun sollten, ist irgendjemandem dafür zu danken, was für ein verdammtes Glück wir haben. Wir sollten uns in solchen Zeiten wieder bewusst machen, für was wir im Leben dankbar sein können. Also bin ich das heute: Dankbar.
Ich bin dankbar dafür, gerade hier sitzen zu können, wohlwissend, dass ich heute Abend wieder in meinem eigenen Bett liegen werde, mit meiner Katze im Arm.
Ich bin dankbar dafür, irgendwann vor über einem Jahr Alix kennengelernt zu haben, mit der ich all das hier teilen kann.
Ich bin dankbar dafür, dass ich mich „ärgern“ kann, den Sonnenaufgang verpasst zu haben.
Ich bin dankbar dafür, dass mein einziges körperliches gebrechen momentan ein bisschen schnupfen ist.
Ich bin dankbar dafür, dass ich mir jeden Tag aussuchen kann was ich essen möchte, mein Job mir mehr als spaß macht und dass ich vor vier Jahren eine bezahlbare Wohnung in München gefunden habe.
Ich bin dankbar für den letzten Sommer, der mich aus meinem eigenen Grau wieder hoch ins federleichte rosarot katapultiert hat. Hier oben, wo ich verliebt bin, gesund und mehr als glücklich.
Ich bin dankbar für all die Nächte, die zu Morgenden wurden und für all die Menschen, mit denen ich diese verbringen durfte.
Ich bin sogar dankbar für die riesige Möwe, die gerade in diesem Moment neben mir im Pool gelandet ist und ein ausgiebiges Bad nimmt.
Vor allem aber bin ich Dankbar dafür, dass es die letzten Tage eben NICHT um mich ging, dass ich eine von vielen bin, die „nur“ Beileid und Mitgefühl aussprechen, ohne es empfangen zu müssen. Und obwohl auf dieser Welt jeden Tag und immer wieder genau solche schrecklichen Dinge passieren, ohne, dass wir es mitbekommen, bin ich eine von denen, die noch niemals den Schmerz des Verlustes spüren musste. Wir sind auf der Sonnenseite, obwohl der Schatten, der am Dienstag geworfen wurde, riesengroß ist.
Für was bist du dankbar?
Ich bin dankbar dafür, dass ich meine Familie in den Arm schließen kann, wann immer ich möchte.
Versteh mich nicht falsch. Ich mag deinen Blog sehr, aber ich finde es irgendwie unpassend den (gerade heutigen aktuellen) Post zu nutzen gegen eine andere Bloggerin zu haten. Ich finde einfach sein Mitgefühl auszusprechen und klar zu machen reicht völlig. Ich finde es im Übrigen schade, dass manche Leute erst bewusst wird (nicht im Bezug auf dich, sondern die ganzen Eindrücke, die ich medial und persönlich diese Woche erlebt habe) wie gut es uns eigentlich geht und das wir dankbar sein sollten.
Danke! Du sprichst mir aus der Seele :)
Ich finde den Post wirklich schön geschrieben, aber der “Wink mit dem Zaunpfahl” hätte defintiv nicht sein müssen. Auch nicht bei Masha oder auf sonst einem anderen Blog.
Jeder sollte seine Trauer oder seine Gedanken so verfassen dürfen wie er es für wichtig und richtig hält.
Danke Mädels, ich gebe euch sehr recht!
Nichtsdestotrotz ein schöner Post, Angela!
Ein wunderschöner Post zum Sonntag, ehrliche und tolle Worte, die mich wirklich zum Nachdenken bringen.
Ich bin dankbar für meine Famile und meine Freunde, für ein Dach über dem Kopf und jeden Tag etwas zu essen zu haben. Dass ich alles habe was ich brauche und nicht am Hungertuch nage.
Ich bin dankbar, dass ich gesund bin und dass all die kleinen Probleme, die wir haben doch nicht so dramatisch sind wie wir eigentlich denken und dass es immer eine Lösung gibt!
Wir können uns alle Glücklich schätzen :-)
Liebe Grüße Caro <3
http://www.makeyourselfunique.blogspot.de
Ich würde mich riesig freuen, wenn du mal bei mir vorbei schauen würdest :-)
Danke für deinen Post, ähnliche Gedanken gingen mir auch durch den Kopf. Diese Selbstsucht und dieser Egoismus ist einfach nur ekelhaft. Da haben Menschen ihr Leben verloren. Da standen Menschen am Gate in freudiger Erwartung auf ihre Liebsten – und wurden für´s Leben traumatisiert.
Und die meisten haben nichts anderes zu tun als das auf sich zu beziehen. Ekelhaft.
Daher einfach nur Danke!
Ich liebe es immer wieder, solche Texte von dir zu lesen. Ich mag deinen Schreibstil und den Gedanken hinter den Posts einfach total gerne :)
Ich gebe dir so recht, ich verstehe die Menschen nicht, die bei solchen Dingen immer ihren Senf dazugeben müssen. Das bringt in dem Moment niemanden etwas.
Du hast das mit dem dankbar sein schön beschrieben und ich kann dir da nur recht geben…
Liebe Grüße :)
http://style-picker.blogspot.de
Ich finde deine sonntagsposts einfach immer unglaublich und sehr berührend.
viele grüße!
Ich bin dankbar, am Leben zu sein. Denn auch wenn es scheußlich sein kann und grausam und gemein und man sich fragt, was das eigentlich alles soll, so ist es doch gleichzeitig schrecklich schön und ein riesiges Abenteuer.
Ich bin dankbar, dass ich eine wunderschöne Kindheit hatte, dass ich ohne Sorgen aufwachsen konnte und dass meine Eltern mich zu dem gemacht haben, wer ich bin. Ich bin dankbar dafür, dass ich das studieren kann, was ich möchte und meine Eltern mich bedingungslos unterstützen und ich sie immer in meinem Rücken weiß. Ich bin dankbar, für die Zeit, die mir noch mit meiner Mutter bleibt, dankbar, dass sie (zumindest bisher) keine Schmerzen hat und dankbar, dass mein Vater sich aufopferungsvoll um sie kümmert. Ich bin dankbar für meine Freunde, dafür, in einem Land leben zu können, welches eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat, wo wir politisch mitentscheiden können und in dem ich keine Angst haben muss, auf die Straße zu gehen ohne aufgrund meines Geschlechts oder meiner religiösen, politischen oder sexuellen Gesinnung diskrimienrt zu werden.
Ich bin für so vieles unendlich dankbar und ich finde, dass die Menschen generell mal etwas demütiger sein sollten.
Oh liebe Anela, ich wünsche dir und deiner Familie ganz viel Kraft. Du scheinst ein starker Mensch zu sein, behalte das bei!
Genau die richtigen Worte!
[…] Wir müssen dankbarer sein und Dinge nicht als selbstverständlich wissen. Unsere Zeit auf Erden ist so begrenzt. Dass wir sie besser nutzen sollten, predige ich immer wieder. Doch jetzt ist es an der Zeit, es auch in die Tat umzusetzen. Wieso braucht es immer solche (Schicksals)Schläge, damit wir alles überdenken und anders machen wollen? Los geht’s. Jetzt. […]
Danke Angela, dieser post zeigt wieder was du für ein wundervoller mitfühlender Mensch bist.
gerade heute an meinem Geburtstag merkt man erst wieder für was man alles dankbar sein kann, Familie,Freunde, einen kleinen Ort sein Zuhause nennen zu können, einfach alles. ich bin auch dankbar dafür deine wundervollen sonntagsposts lesen zu können, sie sprechen so vielen aus der Seele liebe Angela :)
Hey,
also erstmal möchte ich sagen, dass ich meine zu verstehen was du mit dem Text eigentlich sagen wolltest.
ABER: Ganz ehrlich ! Nicht nur bei dir, auch auf vielen anderen Blogs, wird über den Absturz geschrieben und irgendwie regt sich dann jeder über andere Blogger, Journalisten sonst wen auf, wie man diese Tragödie denn jetzt so medial ausschlachten kann. Und da die eine Bloggerin, die muss ja schreiben, dass sie eine Leserin verloren hat.
Na und ?! Vielleicht trauert sie wirklich?
Ich find das einfach nur noch lächerlich.
Wenn ihr das alle so schlimm findet, dass darüber geschrieben wird, warum schreibt ihr dann selbst darüber ? Und macht euch selbst gleichzeitig aber keinen Vorwurf ?
Versteh ich einfach nicht.
Ich bin dankbar dafür das ich gemütlich meinen Kaffe trinken kann während ich deine Posts lese. Ich bin dankbar dafür das meine Mutter heute eine 24h Stnden Flat aktiviert habe damit ich deine Posts lesen kann, da ich schon seit zwei Wochen auf Angela-Entzug bin und so langsam sich Entzugserscheinungen bemerkbar machen. Ich bin dankbar dafür das ich mir einzig und allein darüber Sorgen machen muss wieso die Angela seit zwei Tagen nichts gepostet hat und ob es sich lohnt Schuhe bei H&M zu holen. In unserer Zivilisation ist kaum noch jemand dankbar das zeigt besonders der Film Tribute von Panem. Alle regen sich über das Kapitol in dem Film auf und den Konsum dort aber niemand auf den Kinosesseln merkt das wir im Kapitol schon längst leben. Wir haben auf Partys zwar keine Drinks damit man sich übergeben kann. Doch wenn man ganz genau hinsieht merkt man wie ähnlich wir den Bewohnern im Kapitol sind. Eigentlich ist doch traurig wenn eine 15 Jährige so etwas sagt und sich darüber aufregt wie sich die westliche Zivilisation selbst zu Grunde richtet während irgendwelche Politiker sich Kinderpornos runterladen (das ist übrigens der Grund wieso sich, glaube ich, das Gesetz was Pädophile angeht nicht ändert. Die sitzen nähmlich selbst im Bundestag). Gaaaaaaaaaaanz liebe Grüße :)
Haha ach was für ein süßes Kommetar. Und schön, dass du dir in deinem Alter schon Gedanken über solche Dinge machst – ich war damals noch ganz anders und viel zu Engstirnig, um so weit blicken zu können.
wer nämlich mit h schreibt ist dämlich. Kopf gegen Wand -.- :D
In diesem Moment bin ich dankbar für deine schönen Worte. Ich bin dankbar zu hören, zu sehen, und zu lesen, dass sehr wohl Menschen auf dieser Welt existieren, die mit ähnlichen Gedanken und Gefühlen zu kämpfen und zu leben haben, wie ich. Ich bin dankbar für meinen kleinen Bruder, der einfach super ist.
Da du den Sonnenaufgang in Barcelona verpasst hast, habe ich vor 7 Jahren schon mal einen aufgenommen…
https://www.youtube.com/watch?v=2sSER5Vojo4