Es ist zwei Uhr Morgens. Die Party, auf der wir eben noch tanzten war zwar schön aufgebaut, die Location endlich mal wieder eine neue in München aber leider war der Bass den Nachbarn wohl zu laut, und wer will schon tanzen, wenn man sich dabei gut unterhalten kann. Also entschlossen wir uns, mit der Geburtstagstruppe weiterzuziehen, die aber auf dem Weg in den nächsten Club vorerst verloren ging. Also laufen wir aneinandergekuschelt durch unser glitzerndes, wunderschönes München, die Stadt in der wir beide aufwuchsen. Beim Blick in die Brienner Straße wird Tanja ganz sentimental: “Wie schön ist unsere Stadt eigentlich?” sagt sie und deutet auf die meterhohen, bis um Boden hin mit Lichterketten behangenen Straßenlaternen die den Weg zum Odeonsplatz glänzen lassen. In ihren Augen spiegelt sich eben dieser Glanz wieder, und ein bisschen wirkt sie wie ein Kind, dass zum ersten mal einen Weihnachtsbaum wahrnimmt. Ich finde, dass Tanja an diesem Abend, an dem sie zwanzig-irgendwas geworden ist, noch viel mehr und schöner leuchtet als die ganze Brienner Straße. Mit ihren zerzausten Haaren, den Tanzboots, ihrer Lieblingsleggins die den Männern den Kopf verdreht und dem Sideboob-Shirt sieht sie mal wieder phänomenal aus. Und eigentlich finde ich, dass sie heute sogar heller leuchtet als ganz München.
Sie ist ein bisschen betrunken. Aber das darf sie auch sein. “Ohne scheiss Angela”, sagt sie, “ich bin so sau froh dass du gerade hier bist.” Ich verstehe, was sie meint und muss kichern. “Ich liebe dich, echt mann”, lallt sie hinterher. Ich drücke ihren Arm und sage ihr, dass ich sie auch furchtbar lieb habe.

Ich kann mich noch genau an die ersten Worte erinnern, die Tanja zu mir sagte. Wir waren damals vielleicht dreizehn, sie hatte ihren ersten Tag auf meiner Realschule und tippte mich in der Aula von Hinten an: “Kannst du mir sagen wo die Turnhalle ist?”
Damals war sie eines der größeren Mädchen, etwas schlaksig und unscheinbar, ich kannte sie bis Dato nur vom Sehen aus der S-Bahn. Wir wohnten im gleichen Dorf.
“Komm mit”, antwortete ich, “ich muss da auch lang.” Wir gingen gemeinsam die ins Treppenhaus und unsere Wege trennen sich wieder. Von diesem Tag an fuhren wir jeden Tag gemeinsam S-Bahn. Meine Eltern schlossen sie genau so schnell ins Herz wie ich, wir verließen die Realschule gemeinsam, entschieden uns für die FOS und fuhren noch etliche Jahre gemeinsam in die Stadt und wieder raus. Morgens, mittags, und als wir alt genug wurden auch unzählige Nächte am Wochenende. Über die Jahre entwickelte sich das unscheinbare Mädchen aus der S-Bahn zu einer selbstbewussten, wunderschönen Frau, die – und ich wiederhole mich – den Männern auch heute noch reihenweise den Kopf verdreht. Damals in der Schule musste ich sie noch vor dem fiesen blonden Mädchen beschützen, heute würde Tanja mit ihrer Aura sogar Angelina Jolie in den Schatten stellen. Wann immer ich heute sagte, dass Tanja mitkommt, gibt es freudige ausrufe. Jeder weiß, dass ein Abend mit Tanja nur gut werden kann, oder dass es was richtig feines zu essen gibt wenn sie Mittags vorbeiradelt.

Wir haben so scheisse viel zusammen erlebt in diesen… zwölf Jahren. Zwölf Jahre! Wie soll man zwölf Jahre Freundschaft in so einem Blogspot zusammenfassen? Wir haben uns die schrecklichsten Klamotten angezogen um mit sechzehn schon auf den Bauernfesten tanzen zu können, sind Nachts im Winter mit irgendwelchen Dorfjungs den Leonhardiberg runtergerodelt, wie oft es Mitternachts-Spaghetti-Bolognese gab kann ich gar nicht mehr zählen und für wie viele Lachfalten in meinem Gesicht sie später mal verantwortlich sein wird will ich gar nicht wissen. Die Hyaluronsäure zahlst dann aber du! Ich trage immernoch eine Brandnarbe am rechten Arm von ihrem sechzehnten Geburtstag und neben meinem Schreibtisch hängt eine Foto von ihr als Schneeengel mit Puschelmütze. Es gibt keinen Menschen auf dieser Welt mit dem ich so viele großartige Erinnerungen teile wie mit Tanja und niemanden, der nach einer 60-Stunden-Arbeitswoche noch SO tanzen kann. Und obwohl wir uns einen komplett anderen Freundeskreis aufgebaut haben besteht nichtmal im entferntesten die Möglichkeit, dass man sich irgendwann aus den Augen verlieren könnte.

Mann Tanja. Ich sitze hier im dunkeln in meinem Zimmer, obwohl es draußen eigentlich schon hell ist, mit Kopfhörern auf den Ohren vor meinem Laptop. Ich hab’ so ein kribbliges Gefühl im Bauch und schon wieder tränen in den Augen weil du SO EIN GROßARTIGER MENSCH BIST UND ICH DICH SO UNGLAUBLICH LIEB HABE. Kommt das jetzt intensiver rüber, wenn ich es in Capslock schreibe? Ich habe noch nichtmal geschlafen und du tanzt wahrscheinlich immer noch irgendwo in deine zwanzig-irgendwas und ich wette, du siehst dabei auch Stunden später noch grandios aus.

Wenn ich könnte würde ich mit dir auf’s Meer rausfahren und alle deine Sorgen über Bord werfen, allen Männern die dir jemals weh getan haben ein “Iditot” auf den Hintern tätowieren und dir ein Haus mitten in Maxvorstadt bauen. Mit
hauseigenem Bio-Gemüsegarten und einem extra Stockwerk für deine Mama. Und eins für mich und unsere zwölf Katzen.

Für dich soll’s rote Rosen regnen, den ganzen Tag, für den Rest deines Lebens. Alles gute zum Geburtstag Tanja, ICH HAB DICH LIEB!

<3!