“Wir waren seit Anfang April zusammen”, lese ich in dem kleinen Facebook-Fenster, das eben wieder aufpoppte. In meinem Kopf beginnt es zu rattern und alles, was ich die letzten fünf Monate so erfolgreich in die Katakomden meines Gehirns vergraben habe buddelt sich wieder ins Bewusstsein.
April. Der April war so grausam und gleichzeitig so wundervoll. Es war eine Zeit, in der es mir beschissener ging als jemals zuvor aber auch ein Frühling, der mir mit dem Geruch von Blumen auch neue, großartige Freunde in mein Leben wehte. Eigentlich schaue ich darauf mit einem Lächeln zurück. Meine eben ausgegrabenen Erinnerungen zeigen allerdings auf den ersten Juni, zwei Monate später, irgendwann Nachmittags. Ich liege in meinem Bett, mein Körper bebt im Tränenmeer und meine Zimmertür öffnet sich. Meine liebste Freundin legt sich Wortlos zu mir, kuschelt sich an mich und fragt: “Ist es vorbei?” – Ich nicke.
Erster Juni. Erst sagt mir mein Kopf, dass es nicht sein kann. Aber die bittere Wahrheit schmeckt in meinem Mund widerlicher als Milchreis, und ich hasse Milchreis wie die Pest. Zwei Monate wurde ich betrogen, belogen und hintergangen, ohne dass ich auch nur ein einziges Mal an der Loyalität meines Partners gezweifelt hätte. Nie wäre mir in den Sinn gekommen, ich sei nicht genug. Niemals hätte ich gedacht, dass er jedes mal, wenn er meinte er müsse nach Hause, zu ihr gefahren ist. Um im Anschluss wieder in mein Bett zu kriechen. Bei dem Gedanken daran wird mir so schlecht, dass ich mich fast übergeben muss.

Ich hatte so eine ähnliche Situation schon einmal. Damals war ich vielleicht achtzehn, unsicher und fürchterlich eifersüchtig. Mit eben dieser Eifersucht, der zwanghaften Kontrolle und der Angst, nicht zu genügen drängte ich meinen Freund immer weiter von mir weg, geradewegs in die Arme einer Anderen. Auch das war grausam. Aber er hatte wenigstens die Courage es mir gleich einen Tag später selbst zu sagen, und irgendwie hasste er sich selbst mehr dafür als ich ihn jemals hätte hassen können. Ich habe ihm schon lange verziehen.
Ich beschloss damals in Zukunft mehr zu vertrauen. Ein gewisses Maß an Eifersucht ist in Ordnung, ich hab’ es auch gern, wenn der Mann an meiner Seite sein Revier markiert. Da reicht schon ein flüchtiger Kuss, kein bescheuertes rumgepöbel. Ich will keinen Typen der sofort auf hundertachzig ist, wenn man mal angesprochen wird – aber auffallen darf es schon. Ich nahm mir also fest vor, in meine nächste Beziehung mit dem größtmöglichen Vertrauen zu gehen und mich selbst ein bisschen mehr lieb zu haben.

Und dann passiert das. Ich vertraue blind, stürze mich in’s Eiswasser und die Schollen über mir zerbrechen unter meinen Fingern wie Knäckebrot bei dem Versuch wieder rauszuklettern. War das nun auch der falsche Weg? Hätte ich das Ganze mit ein bisschen mehr Misstrauen verhindern können? Wäre irgendwas anders gelaufen, wenn ich heimlich sein Handy gecheckt und seine neuen weiblichen Freunde auf Facebook kontrolliert hätte? Meine Gedanken stehen Kopf. Ich lese die Worte gefühlte hundert Mal. “Seit Anfang April”. Ich stelle mir vor, wie es gewesen wäre, wenn ich seine Lügen schon damals rausgefunden hätte. Und in diesem Moment fällt mir auf, dass ich gar nicht weine. Ich sitze vor meinem Bildschirm, starre die Worte an und schüttle nur immer wieder den Kopf, weil das alles so Hollywoodreif ist und ich irgendwie mittendrin. Vor fünf Monaten, als ich die ganze Sache beendete, war ich so zerbrechlich. Nicht auszudenken wie schlimm es gewesen wäre hätte ich all das schon damals erfahren. Jetzt, lange Zeit später habe ich keine einzige Träne mehr übrig für diesen Vollidioten. Das einzige Gefühl, was sich in mir breit macht ist Ekel.

Nichts, absolut gar nichts wäre anders gelaufen, wenn ich wieder die Eifersüchtige Freundin gespielt hätte. Gar nichts. Once a cheater, always a cheater. Mein Vertrauen in andere Menschen ist ein Segen. Warum sollte ich wegen dieser Geschichte in Zukunft nicht mehr vertrauen? Aus Angst, mir könnte das wieder passieren? Vielleicht wird es das sogar. Es gibt so viele rücksichtslose Menschen auf diesem Planeten. Aber man kann einer Beziehung nur die größtmögliche Chance geben wenn man das größtmögliche Vertrauen schenkt. Einen Teufel werd’ ich tun und mir von diesem einen Kerl meine zukünftigen Freundschaften, Beziehungen oder was auch immer versauen zu lassen. Ich gehe entweder den Weg der eifersüchtigen Irren und suhle ich die ganze gemeinsame Zeit über unglücklich im Selbstmitleid – oder ich genieße alles, mit jedem Atemzug, ohne negative Gedanken. Und wenn’s dann trotzdem passiert? Dann war’s eben nicht der Richtige. Ich lass’ mir das nicht nehmen. Erst recht nicht von dir.

Mit der Eifersucht ist es fast wie mit Klamotten. Wenn’s mir nicht steht, trag’ ich’s nicht. Und an mir sieht Eifersucht einfach scheisse aus.