Man denkt viel über sich selbst nach wenn man allein ist.
Mit “allein” meine ich nun “ohne Partner”, ich finde das Wort “single” hat so einen verzweifelten Unterton. Es klingt nach etwas nicht erstrebenswertem. Es klingt nach einem einsamen Herzen das noch immer auf der Suche is. Man sollte dem Ganzen einen schöneren, festeren Namen geben, einer der nicht bemitleidenswert in der Luft rumtanzt. Vielleicht könnte man auf die Frage: “Bist du vergeben?”, einfach mit “Nein, ich bin momentan ich selbst”, antworten – was aber einige Leute wieder in den falschen Hals kriegen würden, weil nicht gemeint ist, dass man sich selbst in einer Beziehung aufgibt, sondern sich ohne bessere Hälfte zwangsläufig mehr mit seiner eigenen Person auseinandersetzt.

Eben das habe ich in den letzten Monaten getan. Ich weiß nun, dass ich niemals ein Einzelgänger sein werde und mich ungewollt und unbewusst von einem Freund-Ersatz in den Nächsten stürze. Mir geht es nicht darum, eine Beziehung zu jemandem zu führen, ich liebe nur einfach das Gefühl “eine Person” zu “haben”. You are my person. Jemanden, der mich Abends fragt wie mein Tag so war, jemanden, der mir hinterherrennt wenn ich wütend abdampfe und dieser Jemand, der Neuigkeiten immer als erstes erzählt bekommt. Ganz egal ob das nun eine kurzweilige viel zu intensive Mädchenfreundschaft oder eine zweiwöchige Affäre ist. Während andere durch’s Leben gehen ohne jemanden an ihrer Hand ziehe ich die andere Variante vor. Und obwohl ich immer diesen Jemand habe führe ich keine Beziehung, bin frei und habe mehr als genug Zeit für mich selbst. Das Wichtigste aber ist, dass ich gelernt habe, es auch so zu akzeptieren. Ich könnte mich bewusst dazu zwingen eine Zeit lang komplett auf mich allein gestellt zu sein, aber was nützt es, wenn ich doch anders viel glücklicher bin? Ich werde niemals einsam sein, das halte ich nämlich gar nicht aus. Also warum jetzt damit anfangen?

Außerdem habe ich gelernt mich besser in Andere hineinzuversetzen. Die einzige Frage, die du dir stellen musst, wenn dir dein Gegenüber etwas erzählt was für dich total unverständlich ist: Macht es ihn Glücklich? Leben und leben lassen. Und wenn Theodor seine Berufung darin gefunden hat Schlager im Fernsehgarten zu singen finde ich das persönlich zwar scheisse, weil ich das nicht anhören kann, aber das heißt nicht, dass es für ihn nicht genau der richtige Weg ist. Sich füreinander freuen ist die Devise – und bodenlose Diskussionen nur der Diskussion wegen – sein lassen.

Meine für mich wichtigste Erkenntnis der letzten Zeit: Positiven Gefühlen Ausdruck verleihen. Und zwar egal in welcher Form. Wenn ich mal wieder merke, wie lieb ich jemanden habe und wie schön die gemeinsame Zeit ist, dann sag’ ich das auch so. Man glaubt gar nicht, wie viel intensiver und tiefer eine Freundschaft gehen kann, wenn man das, was man empfindet, durch liebe Worte oder einer dicken Umarmung ausdrückt. Das Gleiche gilt aber auch Fremden gegenüber: Letztens stand ich wieder in der Kloschlange hinter einem Mädchen mit wunderschönen natürlichen Korkenzieher Locken. Anstatt (wie sonst) meiner Freundin ins Ohr zu flüstern dass ich auch gerne solche Haare hätte habe ich es ihr einfach direkt gesagt. Bei Komplimenten aus dem Nichts erntet man meistens erstmal einen verwunderten “Meinst du mich?” Blick (vor allem bei einem Frau-zu-Frau-Kompliment, einer echten Seltenheit) aber wenn der Gegenüber merkt, dass es Ernst gemeint ist, kriegt man ein herzliches Dankeschön und hat dem Anderen womöglich noch den Tag versüßt. Vergesst nicht, meine lieben Leserinnen, Komplimente anderer Frauen sind uns doch viel mehr Wert als die der Männer. Wir wissen immerhin, wovon wir reden.
Wenn ich mich über etwas freue, sei es über den niedlichen Hund in der S-Bahn oder von mir aus auch die Form einer Wolke zeige ich das, irgendwie. Es ist so erstaunlich, was man zurückbekommt.

Ich habe ein bisschen Wissensdurst auf mich selbst entwickelt, und je mehr ich lerne, desto mehr habe ich das Gefühl mich selbst zu finden. Ich bin gespannt, was die nächsten Monate bringen werden.

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