“Kannst du mir sagen, wo die Turnhalle ist?”

“Klar. Komm mit, ich muss da auch hin.”, sagte ich zu dem großen, unscheinbaren Mädchen, und wir gingen gemeinsam durch die Aula in Richtung Turnhalle. Ich hatte dich davor schon ein paar mal in der S-Bahn gesehen, dass du aus meinem Dorf kommst wusste ich. Seit diesem Gang durch die Aula sind wir Tag für Tag gemeinsam S-Bahn gefahren. Wochen, Monate, Jahre lang.

 

Aus dem unscheinbaren Mädchen wurde jedermanns heimlicher Traum: “Wer steht auf dich? Wer ist Ludwig, der Typ mit den langen Haaren?” – Auch Ludwig blieb. Der Typ mit der komischen Frisur, der irgendwie auf meine Freundin abfuhr und deswegen immer mit dabei war. Jahre später schnittst du dir die Haare ab, aus deiner Schwärmerei wurde Freundschaft und aus uns das beste Team, dass Lokalisten je gesehen hatte. Schublade und Zzucker.

 

Die Musik war scheisse und der extra für irgendeinen Geburtstag gemietete Partyraum im Nirgendwo gähnend leer. Trotzdem aber tanzte ich, und du auch. Ich machte den Surfer, du den Basketball-Wurf, ich konterte mit Umrühren. Wir kannten uns nicht, die Musik war zu laut um auch nur ein Wort zu verstehen, trotzdem mochte ich dich. Und du mochtest mich.
Erst fünf Jahre später trennten sich unsere Wege wieder, trotzdem warst du der beste Freund den ich jemals hatte. Du hast mir gezeigt wie ich wachsen kann, ich bin an dir gewachsen und du an mir. Ich bin an dir kaputt gegangen und du an mir. Keine Sekunde dieser fünf Jahre möchte ich jemals missen müssen.

 

Ich rannte die Treppen hoch ins Badezimmer. Mit jeder Stufe hoffte ich, dass meine Mutter sich geirrt hatte, aber im Katzenkörbchen lagen nur noch Loona und Sherry. Vier tote Kätzen in drei Wochen, und wir dachten alle, Junior kommt durch. Ich nahm das einzige überlebende Wollkneul hoch, weckte dich damit unsanft aus deinem Verdauungsschlaf und drückte dich an mich. Geh du bitte nicht auch noch, hab ich geflüstert, und du bist heute immer noch bei mir und wärmst mein Herz wenn es mal wieder droht zu erfrieren.

 

Wir lernen einander kennen in den absurdesten Situation, unter den seltsamsten Umständen. Manchmal habe ich von Anfang an dieses Gefühl im Bauch, dann weiß ich, dass es vielleicht etwas ganz besonderes werden kann. Rein zufällig kreuzen sich irgendwo zwei Lebenswege und plötzlich verflechten sie sich ineinander, vielleicht treibt es sie sogar in die gleiche Richtung – manchmal nur für kurze Zeit, manchmal für immer. Bei all den Menschen, die mich in meinem Leben geprägt haben, egal ob diejenigen, die meine Tage heller, oder die, die meine Nächte endlos erscheinen ließen, von allen habe ich gelernt. Mancheiner nennt es Schicksal. Mir ist es ganz egal, wie man es nennt. Ich bin froh, dass alles so passiert ist wie es passiert ist.

Und ihr?

Bildschirmfoto 2014-04-13 um 01.43.09via @Bassam_Allam

 sun_kl