ich hatte noch ein bisschen zeit.
also lief ich in die richtung in die es mich trieb – ohne genau zu wissen wohin es mich führen würde. es waren ja doch schon über zwei jahre vergangen, ich bin seitdem nie wieder dort gewesen. wozu auch.
ich fand es auf anhieb, die kleine gasse lag ein einer rechtskurve, zugeparkt auf beiden seiten. erinnerungsfetzen flogen mir durch den kopf.
es war so ein unscheinbares gebäude zwischen so vielen anderen. ich weiß nicht mal mehr, was es damals war. ich weiß nicht, was es heute ist. es sah heruntegekommen aus, trotzdem konnte ich durch die staubigen fenster noch die mit goldenen ornamenten verzierten wände entdecken, an die ich mich noch zu gut erinnern konnte. die kleine treppe zur eingangstür war fast komplett zerstört, trotzdem legte ich meine tasche kurz beiseite und setzte mich auf die oberste stufe. dort hin, wo wir gemeinsam saßen.

die musik war fürchterlich laut, obwohl die party schon längst vorbei und der kümmerliche überrest an gästen zu betrunken war, die traurige wahrheit zu akzeptieren. es war eine geburtstagsfeier von jemandem, den ich damals nicht gut kannte. aber ich war immer noch dort. ich blieb, weil du bliebst.
ich saß auf der langen holzbank am rande des vollgerauchten, stickigen raumes. mein herz schlug wie wild, ich freute mich so sehr auf das, was gleich kommen sollte. obwohl nur wenige sekunden verstrichen, kam es mir vor wie eine ewigkeit. einen herzschlag lang, vielleicht einen zweiten.
ich hatte kurz vorher den goldenen, herzförmigen anhänger meiner lieblingskette verloren. natürlich hattest du es gesehen, war ich doch den ganzen abend sowieso immer irgendwie in deiner nähe – obwohl ich dich kaum kannte. fast gar nicht.
als ich den anhänger entdeckte, ganz hinten links unter der holzbank, die sich um den ganzen raum zog, setzte ich mich, die beleidigte miemend, weit weg davon ans andere ende der bank. ich beobachtete dich, wie du verzweifelt durch den bunt beleuchteten raum liefst. du hast die augen zusammengezwickt, um den boden möglichst unauffällig und doch systematisch abzusuchen, nur um mir diese eine kleine freude zu bereiten. du hattest den großen blauen kapuzenpulli an, den du mir später so oft über die schulten gehängt hast, wenn ich frohr. aber das war später, viel später.
ich werde den glänzenden ausdruck in deinen augen niemals vergessen, als du das kleine goldene herz entdeckt hast. deine lippen waren zusammengepresst, ein triumphierendes grinsen machte sich breit.
oh, ich triumphierte so viel mehr als du.

“ich hab was für dich”, hast du gesagt.
“mhhh? oh, hast du ihn gefunden?” hab ich gesagt.

ich habe den anhänger danach noch oft verloren. du hast ihn wieder gefunden, immer wieder.
ich ziehe ihn nicht mehr an aus angst, er könnte mir wieder abhanden kommen.
keiner würde ihn wiederfinden können.

keiner würde ihn mir zurück bringen.