Normalerweise schreibe ich erst über etwas, wenn es nicht mehr so weh tut. Wenn ich schon eine Lösung gefunden habe, wenn ich aus dem Gröbsten raus bin. Damit all das irgendwie einen Mehrwert für euch hat, damit ihr euch meine Texte durchlesen könnt, wenn ihr selbst nicht weiter wisst.
Immer, wenn Wochenlang kein Sonntagspost kommt, kann man davon ausgehen, dass ich auf Lösungssuche bin. Dass ich versuche irgendwas mit mir selbst zu klären, was dann eine Art Schreibblockade verursacht. Ich will euch ja nicht mit einem miserablen Gefühl in den Sonntag schicken. Ich will euch ja nicht mit meinem miserablen Gefühl in den Sonntag schicken. Ich stecke fest. Weil ich eigentlich weiß, wie die Lösung aussehen sollte, ich aber keine Ahnung habe, wie ich sie umsetzen soll. Ich hoffe ihr verzeiht mir, dass ich am Ende keine guten Ratschläge habe für euch – aber vielleicht habt ihr ja einen für mich.
Vor einiger Zeit rief ich meine Mutter an, weil ich wissen wollte, wieso ich so oft das Gefühl habe, nicht genug zu sein. Ich kramte so tief in meinen Erinnerungen, bis ich mich schlichtweg nicht mehr erinnern konnte. Bis zum Kindergarten. Ich suchte nach einer Art Schlüsselerlebnis, in der Hoffnung, herausfinden, wie ich es ändern kann. Ich dachte viel an meine Eltern und meine Erziehung, aber mir fiel nicht ein einziges Erlebnis ein, an dem ich mich nicht bedingungslos geliebt gefühlt hatte. Meine Eltern standen bei jeder Entscheidung in meinem Leben hinter mir. Sogar, als ich nach der 6. Klasse ins Gymnasium hätte gehen können und mich für die Realschule entschied (weil alle meine Freunde auf die Realschule wechselten), war das okay. Es wurde nie angezweifelt.
“Weißt du, was du jeden Morgen gemacht hast, bevor ich dich in den Kindergarten gefahren habe?”, erzählte meine Mutter, “Du bist durch dein ganzes Zimmer gelaufen und hast Dinge gesucht, die du den anderen Kindern mitbringen kannst. Du wolltest immer etwas schönes für die Anderen mitbringen.”
Meine Mutter wusste leider auch keine Lösung für meine Misere. Sie konnte mir nicht sagen, warum ich schon in diesem Alter der Meinung war, meine bloße Anwesenheit sei wohl nicht genug.
Ich meine, es ist doch nichts Falsches daran, anderen Menschen etwas Gutes zu tun, ein Geschenk mitzubringen, sich für sie zu bemühen. Wenn ich Freunden heute etwas schenke, dann sicher nicht, weil ich Angst habe, sie könnten mich sonst nicht gernhaben. Ich habe eine Hand voll großartiger Freunde in meinem Leben, meine Save Zone. Alte Freunde, deren Liebe ich mir sicher bin, für die ich mich nie verstellen muss, die mich nehmen, so, wie ich bin. Aber was, wenn ich jemanden Neuen Kennenlerne, dessen Gunst mir unfassbar wichtig ist?
Ich verbiege und verdrehe mich wie eine Brezel, um perfekt zu sein. Ernte ich dann ein Lächeln oder Dankbarkeit für etwas, was ich für sie getan habe, stürze ich mich genau auf das. Ich fühle Dankbarkeit und möchte diese wiederhaben, um jeden Preis. Ich möchte nichts falsches sagen, nichts falsches machen, und blockiere mich komplett selbst. In den letzten Wochen habe ich mir dadurch so viel Druck gemacht, dass ich nur noch ein Schatten meiner selbst war. Ich wurde still, weil ich nichts falsches sagen wollte, traute mich kaum mehr etwas aus Eigeninitiative zu tun, und fühlte mich bewegungsunfähig. Ich fühlte mich wie ein charakterloser Schatten, ein Kind, dass sich hinter dem Rockzipfel seiner einzigen Save Zone im Raum versteckte. Und doch ist da die Stimme im Hinterkopf, die mir sagt, ich muss doch eigentlich gar nichts tun. Ich muss doch einfach nur ich selbst sein. Es ist doch immer besser, ich selbst zu sein, als mich zu verbiegen.
Die Lösung klingt so einfach. Ich muss doch einfach nur ich selbst sein, denn ich bin genug. Und doch frage ich mich, wie ich das umsetzen soll. Wie ich etwas abschalten soll, wenn ich nichtmal herausfinden kann, wo es herkommt. Wo es entstanden ist. Und das macht mich verrückt. Wo soll ich ansetzen, um all das aufzulösen? Wie soll ich herausfinden, wieso ich bin, wie ich bin?
Manchmal glaube ich, dass all das vielleicht noch viel weiter zurück geht, als ich vielleicht vermute. Dass irgendwo Verletzungen auf mir lasten, die gar nicht meine sind. Für viele mag das vielleicht verrückt klingen – aber woher soll es sonst kommen? Ich bin in einer Generation aufgewachsen, die wirkliches Leid nicht kennt. Ich habe keine Kriege miterlebt und bin in einem gesunden, gewaltfreien Umfeld aufgewachsen. Aber was ist, wenn ich trotzdem etwas in mir trage, was über Generationen weitergegeben wurde? Kann es sein, dass ich Charakterzüge an mir habe, die geprägt wurden aus einer Zeit, die vor mir war – die Zeit meiner Großeltern, meiner Urgroßeltern? Tragen wir vielleicht alle etwas in uns, was älter ist, als wir selbst?
Ich versuche trotzdem, etwas Positives aus all dem zu ziehen. Ich möchte heute versuchen, mir selbst auf die Schulter zu klopfen – einfach dafür, dass ich mich mit all dem beschäftige. Dass ich nichts davon unter den Tisch kehre und versuche zu verdrängen, dass ich nichts davon einfach so hinnehme. Ich habe eine Baustelle erkannt und möchte jetzt ein schönes Häuschen bauen, nur fehlen mir die nötigen Bausteine. Ich möchte mich weiterentwickeln, mich selbst noch besser kennenlernen. Wie immer muss ich auch lernen, dass manche Dinge eben dauern. Dass ich nicht immer alles gleich lösen kann, dass es vielleicht sogar Jahre dauern wird, bis ich alte Muster ablegen kann. Das Leben ist ein einziger Lernprozess – wichtig ist nur sich diese bewusst zu machen.
Vielleicht habe ich also doch etwas gefunden, was ich euch mit auf den Weg geben kann: Schau dir an, was in dir los ist. Selbst, wenn es erstmal weh tut. Und verurteile dich nicht für das, was du bist – es ist ein Teil von dir und wert, beachtet zu werden.
Auf der Suche nach einer Lösung stolperte ich in letzter Zeit immer öfter über den Begriff “Familienaufstellung“. Ich traue mich kaum, den Begriff zu erklären, so komplex erscheint mir dieses Verfahren. Deshalb wende ich mich an euch – habt ihr damit schon einmal Erfahrungen gemacht? Gibt es jemanden, der als Stellvertreter dabei war oder sich sogar selbst hat aufstellen lassen? Gibt es vielleicht sogar Empfehlungen für München? Ich wäre euch sehr dankbar.
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Toll, dass Du Dich mit Deiner Persönlichkeit auseinandersetzt und Dich weiterentwickeln möchtest.
Ich wünsche Dir alles Liebe für diesen Weg <3
Spielt es denn wirklich eine Rolle woher es kommt? Du hast jetzt die Einsicht und das Wissen, dass du eben doch genug bist und schon immer warst. Vielleicht solltest du dir wie ein Mantra immer wieder sagen, dass du genug bist. Irgendwann wirst du das so verinnerlicht haben, dass du dich nicht mehr daran einnern musst :)
Ich wünsche dir und allen anderen, dass du weisst, dass sie wissen, dass ihr alle genug seid!
Liebe Benja, das versuche ich auf jeden Fall. Es mir jeden Tag zu sagen. :) Danke!
Liebe Angela
Vorab: Ich lese deinen Blog schon sehr lange still mit und möchte dir als erstes ein dickes “DANKE” da lassen. Danke, dass du uns so ehrlich in deine Gefühls und Gedankenwelt lässt, danke, dass du uns an deiner Veränderung und Entwicklung teilhaben lässt, danke, für deinen Mut, deine Offenheit und deine Herzlichkeit und dafür, dass du dein Licht in die Welt trägst.
Als ich deinen Text gelesen habe, ist mir als erstes die “Familienaufstellung” in den Sinn gekommen. Zwei meiner Freundinnen haben eine Familienaufstellung gemacht und konnten so ganz tief liegende Erinnerungen und Verletzungen aufdecken und hatten so die Chance ihre “Baustellen” aufzuräumen.
Ich wünsche dir viel Kraft und schicke dir Licht und Liebe, Francesca
Vielen Dank liebe Francesca!! Ich werde das Thema auf jeden Fall weiterverfolgen :)
Hallo Angela, ich kann dich so gut verstehen. Man möchte Leute beeindrucken und dass sie einen lieben, verkrampft sich dadurch total und macht alles noch komplizierter. Ich selbst Kämpfe seit langem mit meinem Gefühl nicht genug zu sein. Leider kommt es bei mir aus meiner Vergangenheit und ich kenne den Auslöser. Das macht es leider nicht einfacher und leichter damit umzugehen. Ich versuche mir einfach jeden Tag zu sagen, du bist es wert und du bist genug. So viele Menschen lieben mich und ich bin überzeugt, auch dich! Hast du ja selbst gesagt ;) vielleicht hilft es dir ein kleines Mantra zuzulegen, das du dir jeden Tag wieder sagst und somit bald selbst glauben kannst. Mich hat es auf jeden Fall weitergebracht. Ich danke dir für deine Offenheit und wünsche dir alles gute!
Liebe Grüße Lea
Liebe Lea,
mhhh, du hast Recht, einfach nur herauszufinden woher es kommt reicht wohl nicht. Damit löst sich noch nichts auf – aber ich glaube, vielleicht macht es einiges leichter, wenn man erstmal versteht. Mein Mantra wird das auf jeden Fall. :)
<3
[…] post Vielleicht ist es älter, als ich selbst appeared first on ANGELADOE.COM – Vegan Blog, Fashion & Lifestyle Blog aus […]
Liebe Angela!
Ich bin mir momentan auch noch nicht wirklich sicher, wie du aus dem Gefühl “nicht genug zu sein” wieder heraus finden kannst.
Eine Idee wäre, sich Listen über sich selbst zu schreiben. Dinge, die nur für deine Augen bestimmt sind und in denen du so ehrlich zu dir selbst bist, wie es eben geht. Da wären zum Beispiel die Dinge, auf die du stolz bist. Zum Beispiel, dass du zu deinem innersten Wesen stehst. Deine Werte. Dein Blog. All’ das, was du erreicht hast. Du inspirierst und bist Vorbild.
Man könnte genauso gut über seine Schwächen schreiben und über die Dinge, die einem im Moment stören – das ist allerdings nicht zu empfehlen, wenn es einem eh schon schlechter geht.
Für mich persönlich ist das Aufschreiben von Dingen etwas total essenzielles, weil ich es mir in Momenten, in denen es mir nicht gut geht und ich eventuell auch nur die negativen Seiten sehe, noch einmal durchlesen kann und mich erinnere, wer ich bin. Egal ob Liste, Mindmap, Tagebuch – aufzuschreiben und damit bewusst mit sich selbst in Kontakt zu treten, kann sehr gut helfen.
Das sind nur einige Beispiele, es gibt so vieles mehr, dass man über sich selbst lernen kann. So weit man das über deinen Blog mitbekommt, bist du eine Person, die sich traut sich selbst reflektiert zu sehen und das ist in deiner Situation vermutlich das wichtigste!
Ich glaube du darfst dich nicht zu sehr darauf zu versteifen die Ursache zu finden. Die Ursache ist unheimlich wichtig – manchmal findet man sie allerdings erst, wenn man mit der Suche aufhört.
Vielleicht kannst du für den Moment an die Dinge denken, die dich auszeichnen und mit deinen Liebsten etwas Schönes unternehmen und dir dann einmal am Tag, je nach dem wie es dir geht, eine festgelegte Zeit zum über dieses Thema meditieren oder schreiben nehmen. Dadurch beschäftigt es dich vielleicht auch nicht den ganzen Tag und es geht dir besser. Verdrängung ist das schlechteste, das man machen kann, aber sich dauerhaft mit dem Thema auseinander setzen ist vielleicht auch nicht die Lösung, da sich die Gedanken versteifen und nicht mehr offen für neuen Input sind oder man zum Beispiel in einem bestimmten Gefühl stecken bleibt.
Ich hoffe ich konnte dir irgendwie ein bisschen helfen und dass du einen Weg findest, damit umzugehen.
Und falls du die Familienaufstellung ausprobieren solltest, kannst du gerne davon erzählen! :)
Ich hoffe du hast trotzdem einen schönen Ostersonntag! :) <3
Liebe Lisa,
die Liste ist eine sehr tolle Idee. Momentan habe ich eine Liste in meinem Kalender stehen, die mir dabei hilft, herauszufinden, welche Gedanken mich einengen und welche mit “frei” machen. Das ist auf jeden Fall eine tolle Idee für eine weitere Liste.. danke dir für den Tipp! :)
Liebe Angela, du sprichst mir so oft aus der Seele. Ich hab mich auch über lange Zeit mit einigen meiner Charakterzüge auseinandergesetzt und mich gefragt, wo verschiedene Gedankengänge und Verhaltensweisen herkommen könnten. Dann bin ich zu einer Kinesiologin gegangen und hab für alles eine Erklärung gefunden. Durch die Kinesiologie lässt sich zurückverfolgen, welche Erfahrungen uns in welcher Art und Weise beeinflusst haben und welche Rolle vielleicht auch frühere Seelenleben bei der Prägung unserer Persönlichkeit spielen. Informier dich einfach mal ein bisschen darüber und vielleicht hilfts dir ja auch weiter! Schaden kann es sicher nicht. :) Die Familienaufstellung soll aber auch super sein.
Liebe Grüße, Luisa
Liebe Luisa,
einen ähnlichen Termin hatte ich gestern erst – er diente auch dazu, etwas aus einem früheren “Seelenleben” aufzulösen. Es war ziemlich verrückt und abgefahren, was mir da erzählt wurde, vieles passte sehr genau auf mich und mein Körper hat verrückte Sachen gemacht :D Ich bin einfach froh, dass ich mich solchen Alternativmethoden öffnen kann. Denn helfen tut es ja nur, wenn man dafür offen ist, und das bin ich :)
Danke für deinen lieben Kommentar!
Angela
Liebste Angela.
Vielleicht kennst du mich noch, wir waren kurze Zeit gemeinsam bei Riess… Und seitdem lese ich deinen Blog und finde deinen Wandel ziemlich toll. Und deine Art zu schreiben sowieso.
Die Mutter einer Freundin von mir ist Heilpraktikerin in München und macht auch Familienaufstellungen und ich war auch schon mal bei einer dabei und wurde aufgestellt. Das ist wirklich eine sehr intensive und tolle Erfahrung. Und sie ist eine sehr tolle Frau. Ich kann sie wärmstens empfehlen. Bin mir nur gerade etwas unsicher ob ich den Namen veröffentlichen soll, aber wenn du Interesse hast, schreib mir einfach gern :)
Herzlichst derzeit aus Mexico,
Lisa
Liebe Angela,
ich weiß nicht, inwiefern dir die Infos helfen, aber ich möchte zumindest mein Wissen (oder einen Teil davon) zu dem, was du unter dem Begriff Familienaufstellung gefunden hast, teilen.
Was auf der Seite schon angedeutet wird: Familienaufstellung basiert auf systemischer (Familien-)Therapie. Systemische Therapie fußt, wie der Name schon sagt, auf dem Leitgedanken des Systems. Die Grundüberlegung ist: Alle Menschen agieren in einem System und sind vernetzt. Ein Mensch allein ist eine Monade, zwei Menschen bilden eine Dyade und drei Menschen bilden eine Triade. Die Triade ist die Basis für alle weitern sozialen Beziehungen und meist ist eine Familie bestehend aus Mutter, Vater und einem Kind die erste Triade, deren Teil das Kind wird. Die Bedeutung dieser ersten Triade ist kaum zu überschätzen, frag’ mal Sigmund Freud. Dann bildet das Kind weitere Triaden mit Freunden, wird Teil des Systems Kindergarten, dann Schule und so weiter. Eine „gesunde“ Triade hat einige Merkmale, ebenso wie die „kranke“ Triade. Gesunde Triaden zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die Aufteilung in eine Dyade und eine Monade funktioniert und jederzeit rückgängig gemacht und verändert werden kann: Mutter und Vater können Zweisamkeit genießen, ohne dass das Kind sich (dauerhaft) ausgeschlossen fühlt. Mutter und Kind können Zweisamkeit genießen, ohne dass der Vater seine Vaterschaft und Eignung in Frage stellt, selbiges gilt für Vater und Kind. Streitigkeiten sind möglich in dem Wissen, dass das System im Anschluss wieder hergestellt wird. Es gibt noch weitere Merkmale, natürlich auch für die kranke Triade (der Begriff „kranke Triade“ ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen, man spricht auch von funktionaler und dysfunktionaler Triade).
In der Systemischen Therapie gibt es mehrere Therapieformen. Eine hast du bereits entdeckt, dazu aber erst später. Eine weitere besteht im zirkulären Fragen. Die systemische Therapie geht von einem komplizierten, wechselwirksamen System aus, das sich jede Familie, jeder Freundeskreis, jede Schule etc. teilt. Wir alle sind Teil eines Systems und auch Teil mehrerer Systeme, wir alle bilden eine Monade, gehen Bindungen zu einem zweiten Menschen ein und bilden Dyaden, sind gemeinsam eine Triade und so wird jede Beziehung komplizierter und spinnt ein feines Netz. Das Bild macht es bereits deutlich: Jede Monade hat Einfluss auf das System. Wir alle beeinflussen uns gegenseitig. Beim zirkulären Fragen geht es nun darum, diese Einflüsse zu erfassen und sichtbar zu machen. Dabei wird nicht gefragt „Angela, wie fühlst du dich?“, stattdessen geht man einen „Umweg“, der eigentlich gar keiner ist. Hier könnte deine Mutter gefragt werden: „Was glauben Sie, was Angelas Vater glaubt, was im Moment Angelas größter Wunsch ist?“. Kein Systemmitglied wird direkt gefragt, man ermöglicht (und provoziert) durch dieses „Um die Ecke Fragen“ viel mehr einen Perspektivwechsel. Angela, was glaubst, was dein Vater im Moment über deine Mutter denkt? Was glaubst du, was dein Vater in der Beziehung zu deiner Mutter am meisten fürchtet? Und so weiter. Dabei gibt es besondere Frageformen, aber das führt zu weit (trotzdem ein Beispiel: Um etwa das größte “Problem” zu lokalisieren, fragt man nicht, “Was ist dein größtes Problem?”, man fragt: “Wenn du etwas in deinem Umfeld oder deinem Leben jetzt sofort ändern könntest, was wäre es?”, für Kinder: “Wenn eine gute Fee kommt und du einen Wunsch frei hast, was würdest du dir wünschen?” Und durch diese Formulierung wird zumeist das gefunden, was dem Klienten gerade Kopfschmerzen bereitet).
Was du entdeckt hast, ist die Skulpturarbeit. Wir haben schon gesagt, dass Systeme fein vernetzt sind und nicht einfach zu erfassen sind. Bei der Skulpturarbeit wird ein System von einem Systemmitglied bildlich dargestellt und angeordnet. Dabei müssen nicht immer, wie in der Familienaufstellung, Menschen angeordnet werden. Das funktioniert genauso mit Gegenständen wie Kuscheltieren, Nagellack, Büchern. Die Interpretation erfolgt über die Deutung des Bildes, das entsteht. Das System soll sichtbar gemacht werden, die Vernetzung soll deutlich werden, Stärken und Schwächen erkannt. Wie groß sind die Systemmitglieder, wie sind sie angeordnet? Der Sinn und Zweck der Familienaufstellung wird auf der Seite gut erklärt. Und vor allem: Es ist ein sehr intimer Prozess.
Was ich damit sagen möchte: Du bist dir deiner selbst sehr bewusst. Vielleicht helfen dir die Infos, um noch mehr kluge Fragen zu stellen und Überlegungen zu tätigen. Vielleicht schnappst du dir sogar ein paar Gegenstände und überlegst, wie du sie platzieren würdest. Vielleicht brauchst du noch Infos zu funktionalen und dysfunktionalen Triaden. Dann melde dich gern. Verschiedene Probleme und Krankheitsbilder werden mit Hilfe der systemischen Therapie behandelt, aber auch gesunde Triaden werden sich ihrer selbst so bewusst. Der Gewinn ist: Nichts ist monokausal. Der System-Gedanke wird der komplizierten, vernetzten Welt gerecht, in der wir leben. Alles, was wir tun, hat einen Einfluss auf andere. Wir sind allein, zu zweit, zu dritt und damit sind wir die Welt. Es ist nur natürlich, sie entdecken zu wollen, und umso natürlicher, nicht direkt Antworten auf unsere Fragen zu finden.
Liebe Grüße!
Christina
Liebe Christina,
danke danke danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, mir all das aufzuschreiben. Ich hab’s mir jetzt zum 3. mal durchgelesen, damit ich es auch wirklich verstehe. Es bringt mich nur mehr dazu, weiterzumachen und mehr darüber zu erfahren. Und natürlich hast du letzten Endes recht: So etwas unfassbar komplexes kann man nicht sofort verstehen. Aber du zeigst mir und ermutigst mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Danke dir!!!
<3 Angela
Eine ähnliche Idee hatte für einen Post hatte ich gerade selbst. Sich selbst nicht genug zu sein, dieses Gefühl kenne ich zu gut! Sehr schön geschrieben!
Neri
Hi Angela,
ich hab ein ähnliches Problem. Mit dem Unterschied, dass ich vermuten kann, wo es herkommt. Ich will immer perfekt sein, aber gleichzeitig bin ich mir dessen bewusst und versuche extrem zu sein, wie ich bin. Äh ja, das endet dann ungefähr so wie’s klingt. Das ist bei mir immer voll der innere Konflikt.
Ich hab mal mit einem Vertrauenslehrer darüber gesprochen und der hat mir eine Sache mitgegeben, die ich ich solchen Situationen machen soll. Eigentlich hat er mir sogar empfohlen, das mal 3x täglich zu machen, aber ich fand das so affig (hab ich ihm auch gesagt), dass ich das nur mache, wenn ich es brauche. Und nur wenn es dirngend ist. Weil ich mir das selbst halt nicht so gut abkaufen kann.
Also das geht so:
Lege deine rechte Hand auf deine linke Schulter (oder andersrum). Nahe an den Hals also dise Muskelstelle, die man massieren kann. Drücke die Stelle ganz fest und sag dir selbst (lautlos im Kopf) “Angela, ich hab dich wirklich lieb.”
Wow, ich find das selbst immer noch unglaublich Panne. Aber das wirkt dann halt ungefähr wie dieses “wenn man lächelt, wird man auotmatisch glücklicher”. Ist vielleicht für dich besonders in den Situationen hilfreich, in denen du jemanden neu kennen lernst. Viel Erfolg damit :)
Liebe Vanessa,
ich finde das ganz und gar nicht affig. Ich bin auch der Meinung, dass man Selbstliebe einfach üben muss – das müssen wir alle, und diese Methode gefällt mir sehr sehr gut. Hab’ ich gleich mal gemacht und werde ich mir beibehalten. Da is garnix Panne dran :))) Danke dir!
<3
liebe angela,
bis jetzt auch stille mitleserin, möchte ich jetzt doch gern etwas zu diesem Thema sagen. natürlich auch aus dem Grund, weil ich genauso wie du, auch auf der suche nach antworten auf meine fragen war: warum bin ich, wie ich bin? lange habe ich keine antworten gefunden und weiß wie frustrierend es sein kann auf der stelle zu treten und an die falschen Leute zu geraten. ich würde dir empfehlen eine Therapie zu machen. es ist einfach unendlich schwer alleine an seine Kindheitserinnerungen zu kommen. je nach schwere des Traumas schafft man es nicht alleine überhaupt auf die Idee zu kommen, dass sehr tiefe Verletzungen stattgefunden haben könnten – das system familie aufzudecken und den kern zu finden. falls du den weg einer Therapie (hier kann man natürlich auch, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, auch an die falschen geraten) noch nicht gehen möchtest. gute Anleitungen gibt zb. Teal Swan. sie hat einen youtube Kanal (https://www.youtube.com/channel/UC1KIUp4PNCyIwCPTq1hYzWQ) und Bücher (https://www.amazon.de/Befreie-dich-durch-Selbstliebe-Teal/dp/3867282978) geschrieben. Rüdiger dahlke und Eckhart Tolle sind auch sehr gut. sowie Alice Miller. hier kann ich dir alle Bücher empfehlen. Was noch wichtig wäre zu erwähnen: nur oberflächenpolitur zu betreiben halte ich nicht für sinnvoll. das Gefühl wertlos zu sein und nicht zu genügen geht sehr tief zurück. aber bleib bei dir. nur weil du dich nicht erinnerst bedeutet es nicht, dass da nicht doch dinge stattgefunden haben. als kind wird sehr viel verdrängt, weil somit das überleben des Kindes gesichert wird. aber Fakt ist: Probleme im erwachsenenalter sind immer auf kindheitserlebnisse zurückzuführen. es gehört sehr viel mut dazu diese aufzudecken. ich wünsche dir alles gute angela! geh deinen weg weiter. sich fragen zu stellen und sich weiterentwickeln zu wollen sind der erste schritt.
Liebe Vicky, danke dir für deine Worte. Ich bin tatsächlich gerade auch dabei, mich jemandem anzuvertrauen, und es hilft mir bereits sehr. “Eine neue Erde” von Eckhart Tolle hat mir damals auf Hawaii die Augen geöffnet und mich entscheidend geprägt. Danke für die vielen anderen Tipps und die aufmunternden Worte. Ich werde mich auf jeden Fall niemals aufgeben und immer weiter forschen :))
Liebe Grüße,
Angela
Hallo liebe Angela, gerne möcht ich dir auch was schreiben. Total cool erstmal, dass du mit dieser Sache so offen und ehrlich umgehst.. voll gut! Danke dafür. Ich glaub dass viele (grade von uns Frauen) das Gefühl unterschiedlich oft durchmachen und gut kennen.. Wie ein innerer Schmerz der einen immer wieder lähmt und einengt.. Mir ist grad dazu ein Vortrag eingefallen, den ich mal gehört hab und den ich persönlich echt gut fand. Zum Thema “Liebe”, denn bei diesem “nicht genug sein”-Gefühl geht es ja finde ich auch sehr um die Frage Selbstliebe, und Liebe von anderen, und den inneren Schrei des Herzens ob man “liebenswert” ist so wie man ist. Also, be inspired ;-) Hier der link: https://youtu.be/EZ5l0RCS1NQ
Liebe Maria, dankeschön für deinen Kommentar. Ich liebe solche Vorträge ja und werd’s mir gleich mal ansehen. Ich habe letztens durch Antonia von amazedmag.de die Podcasts von Lea Vogel entdeckt – die gefallen dir dann bestimmt auch: https://www.lea-vogel-coaching.de/podcast/
Liebe Grüße! :)
Hallo Angela, musste gerade wieder an dich und dieses Thema denken.. Hast du inzwischen mal in den Vortrag reingehört? Würde mich sehr interessieren wie du es fandest:-).
Durch deinen letzten Post habe ich jetzt auch mal was von Laura Malina Seiler angehört. Sehr interessant! Danke
Liebe Grüße und einen sonnigen Tag dir! :-)
Hatte vor Kurzem da ein sehr langes Gespräch mit meiner osteopathin drüber – denn sie meint das meine starken Rückenschmerzen einen Viel tieferen Ursprung haben als mal ein Sportunfall der da anscheinend ein Trauma hinterlassen haben soll. Für sie ist glasklar dass da vor mehreren Jahrhunderten mal meinem Rücken etwas schlimmes passiert ist. Weiter hat sie auch gesagt, dass mein mangelndes Selbstbewusstsein einen tieferen Kern als meine Kindheit hat..
Für mich war dieses Gespräch extrem befreiend weil es mir so viel über mich selbst gesagt hat und ich gemerkt habe wie viel ich durch meditation in der Tiefe und an der Wurzel erreichen kann, weil ich jetzt endlich weiß wo der Ursprung meiner Schmerzen liegt.. Früher habe ich leute für verrückt gehalten die über so etwas gesprochen haben, jetzt nehme ich das sehr ernst weil ich merke wie doch vieles ein Kreislauf ist und wie viel man über sich selbst lernen kann! Je mehr ich in mich reinspüre und mir zu höre desto mehr merke ich wie es mir besser geht.
GAnz viel kraft dir dabei!
Liebe Grüße
Franzi
Oh Angela, was für ein schöner Text.
Du kannst dich auch mal mit transgenerationalen Traumatisierungen beschäftigen. Dazu habe ich viel gelesen und auch mal eine Hausarbeit dazu geschrieben, die ich aber leider nicht mehr habe, sonst hätte ich sie dir gerne gegeben. Teilweise können traumatische Erfahrungen genetisch vererbt werden, teilweise sind sie auch “anerzogen”, oder erlernt.
Außerdem entstehen auch ganz viele traumatische Erfahrungen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt. Dazu muss für deine Mutter auch gar nichts schlimmes vorgefallen sein aber auf dich können sich beispielsweise einfache medizinische Eingriffe und vieles anderes sehr schwer ausgewirkt haben.
Im Bereich der transgenerationalen Traumatisierungen hat Franz Ruppert (aus München) ganz viel geforscht und bietet auch immer wieder Aufstellungen zu dem Thema an.
Ansonsten gibt es natürlich auch noch (die wissenschaftlich nicht fundierten) Aufstellungen nach Hellinger.
Da muss man schauen, was man lieber hat. Die Ruppert Methode ist sehr verstandesbasiert. Was bei Hellinger nicht wirklich der Fall ist. Dafür fühlt man bei Hellinger mehr und es ist körperbetonter.
Alle anderen systemischen Richtungen können da auch ein Ansatz sein. Ich persönlich finde aber (v.a. wenn man nicht weiß um was es eigentlich geht) Aufstellungen bei einem fundierten Therapeuten/Aufstellungsleiter ganz gut.
Liebe Grüße!
Liebe Angela,
du schaffst es immer wieder, genau das auszudrücken, was mich auch beschäftigt. Danke, dass du deine innere Welt mit uns teilst. Es ist ein Privileg daran teilhaben zu dürfen :)
Ich lese im Moment ein Buch von Brene Brown namens “Daring greatly”, auf das ich zufällig gestoßen bin. Eigentlich wollte ich ihr erstes Buch “The Gifts of Imperfection” kaufen (das auch sehr toll sein soll und sicher gut zu diesem Thema passt!), habe aber ausversehen ihr zweites gekauft. Zwei große Hauptthemen darin sind vulnerability und shame. Zuerst dachte ich, was soll ich denn damit? Das waren zwei Begriffe, mit denen ich mich in Kombination mit meiner Person nie auseinandergesetzt habe. Beim Lesen stellte ich aber fest, dass es sehr wohl mit mir, mit uns allen zu tun hat. Ich bin noch nicht durch, aber kann es schon jetzt von Herzen empfehlen. Einer der Sätze, dir mir im Kopf hängengeblieben sind: What we know matters, but who we are matters more. Ich glaube, es ist unerlässlich sich mit seiner Person auseinanderzusetzen, und sich Dingen bewusst zu werden hilft bei der Weiterentwicklung sehr. Als jemand, der immer zum overthinking neigt, kann ich auch dein Bedürfnis sehr gut nachvollziehen, der Sache auf den Grund zu gehen. Vergiss aber nicht, letztendlich nach vorne und nicht nach hinten zu schauen. Das ist mein einziger Ratschlag, den ich mir selbst auch immer wieder gebe :)
Alles Liebe für dich,
Viv
ich denke, dass wir alle dinge in uns tragen, die älter sind als wir. denn alles ist in allem. in mir steckt das ganze universum. in dir auch. das ist ziemlich wunderbar, aber auch etwas furchteinflößend, denn das ganze wissen liegt im unterbewusstsein. anzuerkennen, dass nicht “wir” unser bewusstsein, uns lenkt, sondern etwas verborgenes in uns – das kann angst machen.
ich hatte schon immer, so lange ich zurück denken kann, etwas in mir, was ich als “tiefe trauer” benenne. sie war einfach immer da. ich bin seit 3,5 jahren in therapie (erst burn out, dann depression, inzwischen pures interesse an meiner psyche) und habe nicht ein einziges mal über die tiefe trauer geredet. weil ich es wirklich nicht wollte. ich wollte nicht, dass mein therapeut mich da hineinleitet. ich wollte nicht wissen, woher sie kommt. ich wollte sie da einfach lassen und meine anderen vielfältigen probleme erkennen und lösen.
bis mein therapeut (, der offen für so ziemlich alles ist) fragte,ob ich mal eine sitzung mit ihm und einer geistheilerin ausprobieren will. das war in all den jahren die beeindruckenste sitzung, die ich jemals hatte. nur an hand meiner stimme und den dingen, die ich sagte, konnte die heilerin schwingungen und bilder empfangen, die sie mir danach erklärte und sie lag so dermaßen richtig, dass ich dachte, sie hätte meine akte gelesen (hat sie nicht). sie hat auch die tiefe trauer zu tage gefördert, mein therapeut war überrascht. woher die trauer kam, hätten wir herausfinden können, aber ich wollte ja schlichtweg nicht. sie erzählte mir auch von einem meiner vergangenen leben. manchmal ist es schwer, das gehirn um solche ansätze/ideen/wahrheiten (?) zu wickeln. wie man sieht, zweifel ich selbst auch etwas. aber nur, weil ich es nicht verstehe, muss das nicht heißen, dass es nicht echt ist.
familienaufstellung. habe ich selbst noch nie gemacht, aber eine sehr gute freundin besucht regelmäßig aufstellungen. ich bin auch sehr interessiert (hatte überlegt, die trauer aufzustellen, aber ich hab angst) und sie erzählt mir regelmäßig von ihren sitzungen. ich denke, du solltest mal schauen, wo sowas bei dir angeboten wird. therapien, egal in welcher form, bedürfen sehr viel vertrauen in den therapeuten. ich bin mir sicher, dass du den/die richtige/n für dich findest. vielleicht könntest du erstmal um ein einzelgespräch bitten. vielleicht gibt es ja kennenlern-tage.
fühl dich umarmt.