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Ich wache auf und meine Hand wandert noch im Halbschlaf in Richtung iPhone, ein Ritual, welches ich fast schon unbewusst verinnerlicht habe. Gestern Abend ist mir auf einem Konzert der Akku leer gegangen und meinen Externen hatte ich ausnahmsweise vergessen, also steckte ich es vor dem Einschlafen natürlich an, damit es am nächsten Morgen wieder voll einsatzbereit sein würde – nur irgendwie schien die Buchse, das Kabel, oder irgendetwas anderes nicht funktioniert zu haben. Ich fluche laut und frage mich kurz, wie ich denn nun ohne Navi aus Wolfratshausen nach Hause finden soll – bis mir einfällt, dass ich die Strecke ja mittlerweile schon einige male gefahren bin… und sie langsam kennen sollte. Na, mal sehen.

Zwei Stunden später sitze ich auf meinem Bett (ich habe den Weg nach Hause gefunden) und starre auf den dunklen Display meines iPhones. Es läd nicht, egal mit welchem Kabel, egal mit welcher Buchse. Das ist doch zum kotzen. Erst geht meine Kamera kaputt und ich zahle ein Vermögen (welches ich eigentlich nicht besitze) für die Reparatur und nur zwei Wochen später verabschiedet sich das nächste, teure Gerät.
Google sagt mir, dass Akku wechseln beim Handyladen in der Nähe ca. 70€ kostet, also fahre ich schweren Herzens hin.
Eine weiter Stunde später kann ich es wieder abholen, und als ich bereits den Geldbeutel zücke erzählt mir der Typ hinter’m Tresen, dass wohl nicht der Akku schuld sei: “Sogar mit neuem Akku ist da nur ‘n Bluescreen. Scheint wohl ein Wasserschaden zu sein. Ist leider irreparabel.”

Zuhause angekommen schleichen sich die Ich-Bin-So-Ein-Versager-Gedanken wieder in meinen Kopf, weil ich offensichtlich nicht in der Lage bin mal auf mein Zeug richtig aufzupassen, geschweigedenn genug Kohle habe um mir nächste Woche, übernächste oder nächsten Monat ein neues Smartphone zu besorgen. Ich gehe alle Möglichkeiten durch und entscheide mich dafür, mir im Internet ein paar Preisvergleiche für Finanzierungen anzusehen – und finde einige interessante Angebote für 0%-Finanzierungen. Und als ich mich vor Ort (eine weitere Stunde später) nach mehr erkundigen möchte ist schnell klar, dass ich zu jung und “zu” Selbstständig bin, um für einen Ratenkauf in Frage zu kommen.

Am meisten ärgert es mich aber, dass ich offensichtlich so abhängig von diesem Ding bin, dass mir der Verlust den ganzen Tag versaut hat. Ich ärgere mich, dass ich mich ärgere. Und dabei habe ich letztens erst alle meine Daten gesichert, ich verliere also nicht einmal mehr schönen Erinnerungen – sondern einfach nur die Möglichkeit, ständig und überall online und erreichbar zu sein. Ich habe den ganzen Tag damit verschwendet, durch die Gegend zu fahren, rumzutelefonieren, meinen Freund vollzuheulen und nun komme ich auch noch zu spät auf den Geburtstag einer guten Freundin. Warum? Weil ich dachte, ich müsste heute noch, jetzt und gleich, ein neues Telefon besitzen.

Und dann erinnere ich mich zurück an die Zeit auf dem Festival und die Tage danach. Als ich mein iPhone verfluchte und wünschte ich hätte den Mumm es einfach in’s Klo zu schmeissen. Man darf das Schicksal eben nicht herausfordern. Auf dem Festival war die internetfreie Zeit kein Problem, weil sowieso niemand sein Handy benutzen konnte. In so einer Parallelwelt zählen andere Dinge, da gibt es keine Arbeit, keine Hektik, man muss nicht erreichbar sein. Zurück in der Realität allerdings war mein Handy schnell wieder das Zentrum meines Arbeits- und Privatlebens, auch wenn ich es Anfangs verfluchte.

Auf dem Weg zur Geburtstagsfeier beschließe ich, es einfach gut sein zu lassen. Dann habe ich eben erstmal auf nicht absehbare Zeit kein mobiles Internet mehr. Ich könnte mir bestimmt irgend ein altes Smartphone von irgendwem leihen – aber möchte ich das? Vielleicht sollte ich die ganze Sache einfach als Wink des Schicksals sehen und mir endlich mal bewusst werden, wie abhängig ich eigentlich bin. Und wer weiß, vielleicht ziehe ich daraus irgend eine tolle neue Erkenntnis.

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Seit genau einer Woche bin ich nun bereits smartphone-los. Ich habe noch ein alte Nokia hier rumliegen, welches ich allerdings nur für Telefon und SMS nutzen kann. Ich nehme mir vor, das Ganze noch eine weiter Wochen durchzuziehen – und mir dann erst Gedanken darüber zu machen, ob und wie ich mir ein Neues zulege.

Ich schreibe mir natürlich fleißig auf, wie es mir in diesen zwei Wochen ergangen ist um euch dann davon zu berichten. Einige von euch langen sich bei diesem Beitrag bestimmt an den Kopf und fragen sich, in was für eine Luxus-Depression Angela denn jetzt schon wieder gefallen ist und was an zwei Wochen ohne Smartphone so schlimm sein soll – aber ich bin mir sicher, dass es vielen von euch auch ergehen würde. Ich möchte mir in den zwei Wochen wieder bewusst machen, in welchen Situationen ich mein Telefon wirklich brauche, und ich welchen es mich bisher vielleicht sogar eingeschränkt hat.

 Bin gespannt, was ihr am Ende dazu sagt!

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