“Lass uns noch bis zum Lehel laufen”, sagt Alix, “irgendwie ist heute so schönes Nachts-Spazieren-geh-Wetter.” Wir laufen an ein paar Designer-Interieur-Läden in der Leopoldstraße vorbei und ich erwische mich dabei, wie ich mir wünsche, mir all das auch mal leisten zu können. Eine freistehende Badewanne mit vergoldeten Amaturen steht im Schaufenster, Alix gefallen die minimalistischen Waschbecken am Besten. “Ich glaube allerdings manchmal”, erwidert sie auf mein Ich-will-das-warum-ist-das-so-teuer-gemeckere, “dass alles schon so gut ist wie es ist. Ich meine, schau dir mal Kayture an, die ist einfach ‘nen ganzen Monat lang am Jet-Setten um die ganze Welt. Ich weiß nicht ob ich da so Bock drauf hätte.” Ich nicke zustimmend. Gestern erst habe ich eine Frage auf Ask bekommen, was mir denn momentan zum Glück fehle. Ich saß gerade im Bus auf dem Weg zu ein paar Freunden und tippte: “Momentan? Gar nichts.” – und das stimmt sogar. Ich hatte kurz überlegt, ob mal wieder einen Mann brauche, oder eine größere Wohnung, dachte dann an Ludwig im Nebenzimmer, meine Katze auf meinem Bett und die vielen wunderbaren Menschen die ich in letzter Zeit – wohl eben weil ich ungebunden bin – kennenlernen durfte. Ich wohne in München, komme trotzdem über die Runden, kann am Wochenende ausgehen und könnte sogar jeden Monat etwas zurücklegen (das muss ich nur noch lernen).
“Der einzige Grund, warum ich in Zukunft aber doch ein bisschen mehr Kohle scheffeln möchte sind eigentlich meine Eltern”, sage ich zu Alix. “Ich möchte meine Eltern im Alter eben so gut unterstützen können wie sie mich immer unterstützt haben. Ich will ihnen am Liebsten ein Haus aus Gold bauen, ich möchte mir für sie kompetentes Pflegepersonal leisten können und einen scheiss Treppenlift wenn sie irgendwann die Stufen nicht mehr hochkommen.” Bei dem Wort “Scheiss” trete ich wütend gegen eines dieser Wahlschilder, warum auch immer das hier noch steht. Ich sehe es doch gerade an meinen eigenen Großeltern, die aus ihrem Haus nicht weg möchten aber man eigentlich alles Behindertengerecht umbauen müsste für meinen Opa, der nun schon ewig ein Pflegefall ist. Und es ist alles so unfassbar teuer. Alix stimmt mir zu: “Wir haben damals genau 5000 Euro von der Versicherung bekommen. Das reicht halt Hinten und Vorne nicht.”

Ich denke an meinen Papa, der mich damals mit achtzehn lieber um 4 Uhr morgens nach dem Feiern abgeholt hat, bevor ich Nachts alleine heimfahre. Wie er mir selbst eine Ablagefläche in die Küche gebaut hat, die zerdepperte Tür repariert hat und mir mein versehentliches Spiegel-Abo abnimmt. Und an meine Mama, die am liebsten die ganze Welt bunt anmalen würde, ständig mit dem Fahrrad durch die Gegend fährt, damit ich das Auto haben kann und mir meine schlimmsten pubertären Phasen verziehen hat. Von ihr habe ich das Sensibelchen-Gen und das Designerherz geerbt.

Scheiss auf freistehende Badewanne. Ich bin glücklich mit dem, was ich habe – und heilfroh, an diesem Punk angekommen zu sein. Ich will einfach nur, dass meine Eltern im Alter so glücklich sind wie ich in meiner Kindheit. Und Jugend. Und das momentane halb-Erwachsenen-Ding, oder wie auch immer man das bezeichnen mag.

<3