Manchmal frage ich mich, ob das Meer mich genauso vermisst wie ich es Tag für Tag.

Ich erinnere mich an letzten September, Nächte unter Pinien, Tagen am Atrand. Ich hatte das Meer fünf lange Jahre nicht zu Gesicht bekommen. Die ganze Fahrt hin konnte ich kein einziges mal einen Blick drauf erhaschen, bis unsere Zelte standen hatte ich es nicht gesehen. Ich konnte es nur hören, das rauschen hinter den Bäumen.
Als ich mich dann endlich auf den Weg machte, schlug mir das Herz bis zum hals, als ob ich eine lang verlorengegangene Lieber endlich wieder in die Arme schließen konnte – und dann stand ich da. Vor mir ein langer, geplasterter Weg begraben unter fast weißem, warmen Sand. Dahinter das endlose Blau, dass ich nun endlich nicht mehr missen musste. Ich war in diesem Moment so froh, dass ich allein gegangen war. Welches Mädchen in meinem Alter verdrückt schon eine Träne beim Anblick von salzigem Wasser.

Am letzten Tag dann, als ich vor einer rot-orangen Szenerie am Ende dieses Pflasterweges stand, die Füße tief im Sand vergraben, versprach ich dem Meer, dass wir uns nächstes Jahr ganz sicher wiedersehen werden. Dass ich nie wieder mehr als dreihundertfünfundsechzig Tage versreichen lassen würde, ohne mal “hallo” gesagt zu haben.

“kommst du? wir wollen los!”

Ich habe es dem Meer ganz allein zu verdanken, damals die richtigen Worte auf diese bescheuerte Postkarte geschrieben zu haben. Es war ja dabei, hielt mir den Rücken frei und nahm mir die Angst. Das Meer gab mir zu verstehen, dass ich all den Kummer überwunden und endlich verziehen hatte. Nur deshalb bin ich jetzt nicht mehr allein, sondern wieder genau da wo ich hingehöre.

Ich glaube übrigens, dass ich ein ganz anständiges Karma habe. Warum sonst sollte ich eine ganze Woche Türkei einfach so gewinnen? Eine ganze Woche. Endlich keinen Gedanken mehr daran verschwenden müssen, wie ich mir das Meer dieses Jahr leisten soll.

eine ganze Woche in einem wunderschönen Land, ich, du, und das Meer.