Es gibt da diese eine, ganz besondere Freundin, die mich bereits seit 10 Jahren durch alle Lebens- und Liebeslagen begleitet. Sie legt sich zu mir, wenn ich nicht mehr weiter weiß, weckt mich, wenn ich mal wieder zu lange schlafe, beruhigt mich mit ihrem weichen, liebevollen Gemüt und bringt mich zum Lachen, wenn es eigentlich so gar keinen Grund dafür gibt. Ich möchte fast sagen, sie ist meine beste und treuste Freundin, sie liebt mich bedingungslos und das ohne jemals etwas dafür einzufordern.

Ich erinnere mich noch so gut daran, als ich sie das erste mal sah. So klein und hilflos schrie sie nach ihrer Mama, die Augen noch fest verschlossen. Ich sah, wie sie ihre ersten Schritte machte, wie sie eifrig mit ihren winzigen Pfoten an Mamas Bauch drückte und wie sie das erste mal durchs hohe Gras hüpfte.
Und jeden Morgen musste ich mit ansehen, wie ein weiteres, kleines Wollkneul leblos neben Sherry im Körbchen lag. Ich begrub sie alle im Garten, jeden Tag in der Hoffnung, dass es das Letzte sein möge. letztendlich waren sie nur noch zu Zweit an Mamas Bauch gedrückt, ganze drei Wochen wuchsen die beiden gemeinsam heran, bis Sherry eines morgens allein zusammengerollt im Körbchen schlief. Meine Mutter sagte mir, dass sie nun die einzige ist, die überlebt hatte. Wie sich später herausstellte war die Katzenmutter bei der Schwangerschaft krank gewesen und hatte es auf ihre kleinen übertragen – so blieb uns also nur noch Sherry.
Und Sherry war wunderbar. Ich spielte mir ihr so viel ich konnte, um ihre Geschwister zu ersetzen, behütete sie als sei sie zerbrechlich wie Porzellan. Sie war in all den Jahren nicht ein einziges mal krank. Ich streifte stundenlang durch die Gegend um sie zu suchen, wenn sie zu lang weg blieb. Sie hingegen begleitete mich zur S-Bahn und holte mich ab, wenn ich heimkam. Sie schlief nur bei mir, sie folgte mir wo auch immer ich hinging.

Das macht sie bis heute.

Viele mögen das nicht verstehen, sie ist ja nur eine Katze. Aber sie ist meine Katze, sie kennt mich wohl besser als viele andere Menschen.

Heute morgen, als sie mich beim Frühstücken besuchte, kniff sie eines ihrer Augen zusammen.
5 stunden später sitze ich wieder Zuhause, mit einer Katze im arm, die zu fertig ist um auch nur einen winzigen Laut von sich zu geben. Am ende hat sie sich nicht mal mehr gewehrt, als ich ihr zum 7. mal die Augentropfen geben musste.

Meine liebe Sherry wird ihr linkes Augenlicht verlieren. Natürlich sind Katzen Lämpfer und natürlich wird sie auch mit nur einem Auge ein Überlebenskünstler bleiben, so wie schon damals.
Das schlimme aber ist, dass ich ihr helfen könnte. Die linse in ihrem Auge könnte ersetzt werden durch eine Künstliche. Eine komplizierte, lange Operation, die nur zu 80% erfolgreich verlaufen würde.

Und nun sitze ich hier, mit meiner flauschigen besten Freundin im arm und versuche ihr zu erklären, dass ich beim besten willen keine 2000 Euro aufbringen kann um ihr zu helfen. Und sie sieht mich nur an mit ihrem einen, wachen Auge und schnurrt sogar wieder ein bisschen. Als hätte sie mir die ganze Prozedur die sie heute durchmachen müsste bereits verziehen.
Als hätte sie mir verziehen, dass sie mir all die Jahre zur Seite stand und ich dieses einzige mal, wenn sie meine Hilfe benötigt, absolut nichts für sie tun kann.

(Ich möchte an dieser stelle auch noch meinem lieben Mitbewohner Beni danken, der seine gesamte Abendplanung über den Haufen geworfen hat um mich und meine Katze 4h lang durch die halbe Atadt zu kutschieren. Du bist der Allerbeste. :))